Tanz der Schatten III


Historica Aventuria 7 n.Hal   



Niemand wußte woher der Schattenrat gekommen war. Kaum ein Sterblicher ahnte von seiner Existenz. Und doch hatten viele ihr Leben dem Rat zu verdanken. Dem Rat, der den Hunger und den Haß derer kontrollierte, denen weder das Leben noch der Tod vergönnt war.




Die Rückkehr

Personen : Gruppe um Gerrik   Gruppe um Aaron   Amstrad de Brion   Darkaad Daarodon   Andere Personen  


 29.-30.Efferd 7 n.Hal

Die Schläferin durchstöberte die Unterlagen, die sie in einer alten Kiste in einem geheimen Wandversteck gefunden hatte. Seit Madaläufen suchte sie einen Weg in die Freiheit. Dieser kleine Turm war gut abgesichert. Sie hätte ihn verbrennen können, aber wäre dabei selbst endgültig vernichtet worden. Sie sann auf Rache. Diese Untoten hielten sie gefangen. Ermaßten sich etwas besseres zu sein, als sie. Dabei verleugneten sie ihre Kräfte, ihre dunklen, bösen Seiten. Sie lebten selbst wie Gefangene in ihrem Inneren. Sie waren abstoßend. Ekelerregend. Die Schriftrolle in ihrer Hand ging in Flammen auf. Der Stuhl neben ihr fing Feuer. Sie wühlte weiter in der Truhe. Ihr Blick traf eine spanngroße nußartige Frucht. Sie warf sie an die Wand. Es knackte. Ein Winseln kam aus dem Inneren. Weißer Pelz lugte aus dem entstandenen Riß. Die Schale brach weiter auf. Ein hundeartiges Wesen befreite sich Stück für Stück, als würde es aus einem Ei schlüpfen. Ein häßliches, widerwärtiges Tier mit großen runden Augen, kleinen wackligen Beinchen und einer unangenehmen Niedlichkeit. Die Schläferin beförderte es mit Fußtritten aus ihrem Gemach.


Am Mittag des 30. Efferd sahen die Reisenden das Schloß Drachenstein. Es dauerte nicht lange und Aaron, der auf dem Dach Ausschau gehalten hatte, eilte ihnen entgegen. Er grüßte die Reisenden, nickte ihnen zu und drückte Thalion die Hand. Aaron lächelte dabei nicht. Er musterte seinen Gefährten, kniff die Augen zusammen und hielt inne. Im gleichen Augenblick kippte Thalion nach vorne und fiel bewußtlos in Aarons Arme. Der Waldläufer warf einen ausdruckslosen Blick in die Runde, schulterte seinen Freunde und eilte zum Schloß zurück. Langsam folgten die anderen.

Gerrik, Erik, Shanara, Xara und Zeziliana wurden in dem bekannten Gästezimmer über dem Haupttor untergebracht. Aaron, Thalion und Berim bewohnten ein Zimmer im selben Stockwerk auf der Rückseite des Schlosses im östlichen Teil. Thalion war bis jetzt nicht mehr zu bewußtsein gekommen. Er zeigte keine Verletzungen, keine Anzeichen einer Vergiftung. Seine körperliche Verfassung war in Ordnung, auch wenn er schon bessere Zeiten gesehen hatte. Berim bedankte sich freudestrahlend bei den Helden. Er meinte, er hatte gewußte, daß sie ihn finden würden und brachte als Zeichen seines Dankes ein selbstgekochtes Mahl. Ein sehr schmackhaftes Mahl. Man entspannte sich, ruhte sich aus und lauschte den Neuigkeiten über die merkwürdige Beerdigung, den Beschluß des Rates und erzählte von seinem eigenen Abenteuer. Die Nacht empfing die müden Wanderer in warmen, weichen Betten und dem Schutz und der Ruhe der festen Mauern des Schlosses Drachenstein.


 1.Travia 7 n.Hal

Erik erwachte als erster. Neugierig erkundete er die Hallen des Schloßes und entdeckte im Schmetterlingszimmer zwei magische Dolche. Ihre Kraft blieb ihm verborgen und der Wächter vor der Tür störte Erik ein wenig in seinen weiteren Bemühungen. Die anderen folgten seinem Beispiel und durchstreiften nach der geruhsamen Nacht das Schloß. Das Wappen und die Zeichen der vorherigen Besitzer, der Familie Delamar, waren vollständig ersetzt worden durch das neue Wappen Amstrads. Und ein anderes Symbol, das neue Banner des Schattenrates, tauchte an einigen Stellen des Schloßes auf. Der Schrein der Gräfin Delamar war in einen Zwölfgötterschrein umgewandelt worden. Der Geheimgang zur Westseite stand offen und wurde zu einem Durchgang umgebaut. Die geheimen Räume im Osten waren normale Zimmer der Diener und Dienerinnen. Die Frauen beschäftigten sich mit dem kleinen Hund der Jägerin, der hin und wieder verschreckt das Weite suchte oder sich zu einer Kugel zusammen rollte. Shanara und Xara versuchten der Ursache auf den Grund zu gehen, entdeckten aber nichts.

Die Einzelnen erkundigten sich nach Thalion, doch dieser hatte das Bewußtsein nicht wiedererlangt. Gerrik traf am späten Vormittag auf Amstrad. Er hörte ihn mit einer Travia Geweihten in seinem Arbeitszimmer sprechen. Kurz darauf verließ die Geweihte aufgebracht das Zimmer, Amstrad folgte ihr. Als er Gerrik sah, wandte er sich ihm zu. Auf Gerriks Bitte gingen sie zusammen zu Thalion. Amstrad untersuchte den Mann. Was er sah, gefiel ihm nicht. Gerrik hatte den Eindruck, Amstrad wußte, was Thalion fehlte. Auf Amstrads Drängen schleppten die beiden Thalion in den großen Ratssaal des Schattenrates im zweiten Stock. Die im Schloß anwesenden restlichen hohen Mitglieder wurden zusammengerufen. Sie setzten sich auf ihre Plätze um den großen gebogenen Tisch. Amstrad ließ Thalion einfach in der Mitte liegen. Gerrik stand neben dem, auf dem Boden liegenden Mann und wunderte sich.

Amstrad eröffnete die Versammlung. Gerrik wurde gebeten, die Ereignisse der letzten Reise bis zum kleinsten Detail wiederzugeben. Die Hoffnung des Rates, die Höhle könnte ihnen bei ihrer Aufgabe nützlich sein, wurde enttäuscht. Es war allen Anwesenden klar, daß dieser Ort einer von vielen gewesen sein mußte, an denen sich verlorenen Seelen sammelten. Jedoch waren sie unerreichbar zwischen den Welten und nur eine große magische Macht konnte die Kluft öffnen. Doch selbst dann würde es nichts nützen, hätte man kein Verbindungsglied wie einen verlorenen Schatten. Die Meinungen über die Begegnung mit dem Schattendruiden Darkaad Daarodon waren unterschiedlicher. Amstrad und Ophelia sahen eine positive Entwicklung und sprachen sich für einen weiteren Kontaktversuch aus. Kobald und Eritania waren für eine endgültige Vernichtung dieser Bedrohung. Ariana wollte nichts mit dem Druiden zu tun haben. Sie sah keine Bedrohung. Darkaad würde in seinem Tal bleiben und den Rat in Ruhe lassen, so wie er es bisher getan hatte.

Endlich wendete sich das Interesse dem bewußtlosen Thalion zu. Amstrad hatte die Zeichen deutlich gesehen. Auch die anderen Ratsmitglieder merkten das Mal. Was immer Thalion für sein erneuertes Leben ausgehandelt hatte, es hatte jemanden mißfallen. Thalion hatte eine Strafe erhalten. Sein restliches Leben lang. Eine Strafe, die in dieser Welt kein Sterblicher verhängen kann. Der Gedanke Amstrads war klar. Die anderen Mitglieder stimmten nach einer kurzen Debatte zu. Thalion hatte das Zeichen des Schattens, er war fähig, das Amt eines Ratsmitgliedes auszufüllen und seine Erfahrung, seine Beziehungen und seine Freunde machten ihn zu einem perfekten Kandidaten. Einstimmig entschloß sich der Rat, Thalion zu erwecken.

Es zerrte an Thalion. Der Schmerz wuchs. Etwas zog ihn in sein Verderben, während eine andere Seite ihn zu sich reißen wollte. Er hörte Stimmen. Mit einem Schrei erwacht er und blickte in vertraute und fremde Gesichter. Er stand auf. Er schwankte leicht, erholte sich dann rasch. Er stand neben Gerrik im Ratssaal. Amstrad und eine ihm unbekannte Frau stellten ein paar Fragen. Amstrad sprach offen aus, was der Rat dachte und wollte. Was die anderen nicht hörten, waren die Worte Amstrad, die er Thalion dank seiner mentalen Fähigkeiten im Stillen mitteilte. Thalion lauschte den Worten. Er dachte lange darüber nach. Es ergab ein sinnvolles Bild. Das Bild barg Schrecken, jedoch auch Licht. Es war absolut Still im Saal. Niemand drängte. Gerrik wartete leicht verunsichert. Schaute immer wieder zu Thalion und den anderen Mitgliedern. Die Minuten vergingen. Thalion traf seine Entscheidung und eine Erleichterung durchlief seinen Körper. Er war ein Diener des Fuchses, ein Mondschatten und sein Gott war bei ihm. Das spürte er. Auch wenn ein anderer ihm , vielleicht mit Recht, zürnte, war der Handel beschlossen und heilig. Der Rat gab ihm die Möglichkeiten, die er brauchte, um seinen Teil einzulösen. Es paßte und doch ließ er dadurch sein altes Leben zurück, genau das Leben, welches er nicht hatte aufgeben wollen. Hatte er eine Wahl ? Thalion Trendfort stimmte zu und wurde "das Auge" des Schattenrates, ihre Exzellenz, der Mondschatten, Thalion Trendfort zum Schloß Tavidon im Steineichenwald.

Amstrad winkte Thalion zu sich. Er sprach so leise mit ihm, daß niemand sonst im Raum die Worte hörte. Thalions Mundwinkel zogen sich immer weiter nach oben, je länger Amstrad sprach. Ihm gefiel der Vorschlag und er konnte sich auf diese Weise bei seinem Retter bedanken. Außerdem kam ihm dabei die Idee, wie er die herrschende Stimmung auflockern konnte. Thalion schob jegliches höfische Gebaren zur Seite und erlaubte sich mit Absicht in das ein oder andere Fettnäpfchen zu treten. Das Augenrollen der Anwesenden, das Räuspern und leise Stöhnen zeigten den erhofften Erfolg.

Gerrik wurde lockerer. Als jedoch Thalion ihm das Angebot Amstrads unterbreitete, war es mit der Entspannung vorbei. Diesmal kam Gerrik ins Grübeln. So viel Verantwortung, so viel Anerkennung erschreckten ihn. So gut kannten sie ihn doch nicht. Sicher der Handel mit dem Schwert war wohl gültig, aber unter einem Stück Land hatte er sich etwas anderes vorgestellt. Und das Problem mit dem Stand. Auf der anderen Seite war Thalion schon in Ordnung und Amstrad auch. Wenn er es sich richtig überlegte, war es eines der üblichen Dienstvereinbarungen. Er erledigte Aufgaben und wurde dafür bezahlt. Naja, so in etwa. Gerrik stimmte mit einem Vorbehalt zu : Er erbat sich eine Probezeit. Die Versammlung war beendet.

Die anderen löcherten Thalion mit unzähligen Fragen, als dieser munter im Speisesaal mit ihnen aß und eine Mahlzeit nach der anderen verschlang. Als sie von seiner Beerdigung erzählten und den seltsamen Vorfällen, wurde Thalion unruhig. Offensichtlich gab es eine Vereinbarung, daß nach einer bestimmten Zeit nach seinem Tod, sein Besitz an andere überging. Besonders das kleine Jagdschloß schien nun ein Problem zu sein. Noch am selben Abend brachen Aaron, Berim und Thalion überstürzt zur Tavidongrotte auf.

Der Tag war schnell vergangen und die Müdigkeit zog alle früh zu ihren Nachtlagern.

 2.Travia 7 n.Hal

Wieder erwacht Erik als erster. Er fror. Es war bitter kalt im Raum. Auf seiner Decke hatte sich Reif gebildet. Die Fensterscheiben waren mit einer dicken Eisschicht bedeckt. Glas war gesprungen. Den anderen ging es nicht besser. Der Boden war zu kalt, um Barfuß laufen zu können. Eiszapfen hatten sich über einigen Betten gebildet. Man eilte nach draußen. Das ganze Schloß war eingefroren. Bedienstete liefen zittern durch die Gänge. Die Mehrheit eilte nach unten in die große Halle. Das Schloßportal war zugefroren. Mit vereinten Kräften brach man eine Seite der Tür auf. Draußen, im Sonnenlicht stand Darkaad Daarodon, der Schattendruide.


Darkaad hielt seinen Streitkolben erhoben und murmelte ohne unterlaß magische Worte. Kobald Surin zog haßerfüllt sein Schwert und wollte sich auf den Druiden stürzen. Amstrad hielt ihn zurück. Er drückte Gerrik das Schwert seiner Frau in die Hand, welches den Kontakt mit dem Söldner durch ein entsetzliches, zischendes Geräusch der Abneigung quittierte. Auf einmal wußte Gerrik, was Anastasia damals mit der Frage gemeint hatte, ob er bei dem Schwert Amstrads, Schattenarm, eine negative Stimmung gespürt hätte, als er es getragen hatte. Die Hand in der er das dunkle Schwert hielt, fing an zu kribbeln, zu ziehen und lähmte allmählich seinen Arm. Amstrad marschierte ohne Waffen auf den Druiden zu. Dieser hielt inne, brach seine Beschwörung ab.

Darkaad sah einen der alten Verräter auf ihn zu kommen. Ohne Waffen. Wie dumm. Er materialisierte seinen Speer und schleuderte ihn auf den Freiherrn. Der Speer durchschlug den Leib. Amstrad taumelte kurz. Er ging weiter.

Im selben Augenblick warf Erik einen Spruch auf den Druiden und ließ ihn erstarren. Amstrad protestierte laut. Er dreht um und schickte zornig alle Zuschauer zurück an ihre Arbeit. Unvermittelt begann es im Schloß zu tauen. Erik eilte überraschend schnell von dannen und flüchtet in sein Zimmer. Die übrigen zogen den Speer aus Amstrads Körper.

Amstrad gab Kobald, der immer noch haßerfüllt auf den Druiden blickte, eine andere Aufgabe. Ophelia stellte sich vor die Tür und hinderte weitere Interessierte einen Blick nach draußen zu werfen. Amstrad stellte sich, nachdem er einen provisorischen Verband um seine blutende Wunde gelegt hatte, draußen vor die Tür und versuchte mit seinen mentalen Kräften zu Darkaad vorzudringen. Er wollte sich entschuldigen. Für alles. Nie hatten sie es auch nur versucht. Am Anfang wollten sie Darkaads Kräfte aus eigenem Nutzen, dann hatten sie ihn als Feind betrachtet und schließlich ignoriert. Aber er war keiner der Flüchtlinge. Sie hatten ihn mitgerissen, sie waren für sein Schicksal verantwortlich und niemand hatte auch nur das Wort "Verzeihung" im Sinn gehabt. Er mußte es versuchen. Darkaad war ein weise Druide gewesen. Die Heerführer hatten immer auf seinen Rat gehört. Vielleicht erreichte er einen Funken seines alten Ichs.

Erik starrte leicht verängstigt aus seinem Zimmer auf den erstarrten Druiden. Hatte er ihn gesehen. Was wäre, wenn er sich rächen wollte. Erik war unwohl in seiner Haut. Plötzlich klopfte es und mit einem stöhnen sank jemand vor seiner Tür in sich zusammen. Erik öffnete und fand eine Magd völlig entkräftet und mit schmerzverzerrtem Gesicht auf der Türschwelle liegen. Er legte sie auf ein Bett und holte Hilfe. Die Frau murmelte etwas von einem kleinen Hund. Erik hatte sofort den Hund von Shanara im Verdacht.

Erik fand Shanara bei den anderen an der Schloßpforte. Er holte sie, nicht ohne Amstrad, der scheinbar unansprechbar war, noch die Worte zuzurufen, daß Darkaad sich zwar nicht bewegen, aber durchaus hören könnte. Es wäre eine gute Gelegenheit. Er müßte zuhören. Erik eilte mit Shanara nach oben.

Amstrad hörte Eriks Worte nicht, aber Ophelia. Sie sprach Worte zu Amstrad die seine Sinne erreichten. Amstrad näherte sich dem Druide. Mit sorgsam gewählten Worten fing er an zu sprechen.

Es war nicht Shanaras Hund. Es stellte sich heraus, daß die Frau einen kleinen Hund in der Turmkammer der Schläferin gefunden hatte, gerade als sie das Essen durch die Luke geschoben hatte. Er war so putzig und süß gewesen, daß sie ihn mitgenommen hatte. Einen Tag später hatten auf einmal Kopfschmerzen angefangen. Sie waren stärker und stärker geworden und sie war unaufmerksam geworden. Gestern war ihr das Hündchen weggelaufen. Sie hatte es gesucht und ist dann wohl an der Tür des ehrenwerten Gastes zusammengebrochen. Sofort wurde nach dem Hund geforscht.

Darkaads Erstarrung löste sich. Der Freiherr war ebenfalls mächtig geworden. Er hatte ihn gelähmt. Nicht um ihn zu zerstören. Um ihn zu zwingen, ihm zuzuhören. Und dann hatte er Worte gesprochen, die er nie erwartet hatte. Dieser Mann hatte keinen Zorn, er trug den Fluch als ob ihn die Bestrafung etwas gelehrt hatte. Er war gütig. Seltsam. Ein Ritter der schwarzen Rose sprach Worte, die der Gott des Lichtes mit Freuden gehört hätte. Amstrad hatte sich, wie er selbst, mit den beiden Seiten auseinandergesetzt. Er war im Gleichgewicht. Darkaad hatte das nie geschafft. Sein Haß und sein Schmerz standen ihm im Weg. Verräter wie Kobald Surin schürten seinen Zorn. Jetzt sah er einen anderen der Ritter. Dieser hatte es verstanden. Darkaad nahm nach all den Jahrhunderten die Entschuldigung an. Zumal er einen Weg zurück gefunden hatte. Wenn es ein Dunkelritter und ein Lichtelf aus seiner Welt geschafft hatten nach Aventurien zu gelangen, dann gab es einen Weg zurück.

Der Druide blickt sich um und er entdeckte Xara in der Menge. Diese Frau hatte ihm die Geschichte erzählt. Sie wußte, wo das Portal war. Sie würde ihm den Weg zeigen. Er marschierte auf die Frau zu, die sich hinter einem größeren Mann verbergen wollte. Uninteressant. Darkaad griff sich Xara und fragte sich nach ihrem Zimmer. Die beiden gingen, gefolgt von den anderen zu den Unterkünften.

Xara war hilflos. Dieser Mann hatte einen Griff wie ein Riesenschröter. Er zog sie einfach mit sich. Und keiner der Umstehenden half. Im Gästezimmer fragte der Druide sie nach dem Weg zum Portal. Welches Portal ? Er bohrte weiter, erwähnte ihre Begegnung mit dem Elfen und dem unheimlichen Ritter. Er sprach vom Juwel. Xara konnte ihm nicht helfen. Sie hatte keine Ahnung, wie diese Wesen hergekommen waren. Und sie kannte kein Portal, außer das im Schloß. Darkaads Kopf fuhr herum und er starrte auf Amstrad. Dieser zuckte die Schultern und lud Darkaad ein, ihm zu folgen. Man ging in den Keller.

Darkaad öffnete die schwere Tür des Portalraumes. Es herrschte undurchdringliche Finsternis. Der Druide spürte die Präsenz des Wächters. Er kannte seine Ausstrahlung zu gut. Der Wächter hatte den Fluch aus seiner Welt gebracht. Der Wächter war hier um das Portal zu schützen. Einst war es seine Aufgabe, bis seine Männer ihn verraten hatten, Verraten aus Angst vor den Worten der Frau seines Lords. Der Wächter ! Darkaad rief ihn. Ein schwarzes Schattenskelett seiner selbst trat in den Türrahmen und starrte ihn aus glühenden roten Augen an. Darkaad hielt dem Blick stand. Der Tot schreckte ihn nicht. Aber es war ein seltsamen Gefühl, einer Präsenz gegenüber zu stehen, gegen die er nicht die geringste Chance hatte. Der Wächter würde ihn auslöschen, als ob es ihn nie gegeben hätte. Es war ein Wesen seiner Welt - dunkel, vernichtend, unbeirrbar. Es hatte hier nichts verloren. Diese Welt war unschuldig. Zum Glück würde es nichts weiter tun, als jeden und jedes daran hindern, dieses Portal zu durchschreiten. Darkaad schlug die Tür zu.

Wieder stellte Darkaad bohrende Fragen. Xara erinnerte sich schließlich an ein paar Zusammenhänge und kam auf die Begegnung mit einem Magier, der ihr Hilfe angeboten hatten im Zusammenhang mit dem Juwel. Es sollte im Land der Elfen beim Kvill, am Riverpfad eine Hütte nah der Steinfinger geben. Der Mann hatte auf sie gewirkt, als wüßte er mehr als er damals gesagt hatte. Und dieser kleine weiße Drache, Mondlicht, war auch beteiligt. Er hatte etwas verfolgt. Etwas von einer anderen Welt ? Einen Vorfahren. Auf einmal fügten sich weitere Bilder eines Puzzles zusammen und sie erkannte mehr Zusammenhänge als früher.

Darkaad wurde ungeduldig. Bernstein hatte den Wunsch geäußert, sie könnten nach Hause gehen. Darkaad war sich nicht sicher, ob es eine gute Idee war. Ihre Welt mußte sich geändert haben nach den Jahrhunderten. Und er würde viel von seiner Kraft verlieren. Die astralen Linien dieser Welt bündelten ihre Kraft und es war leicht sie zu fokussieren und zu nutzen. Die Elemente hier sammelten ihre Kraft an zentralen Stellen. Fand man sie, waren ihre Diener leicht zu beherrschen. In seiner Welt war dies anders. Und dann gab es immer noch den Fluch. Was würde passieren ? Würde der eine durch den anderen ausgetauscht ? Würde er erlöst ? Würde es ihn vernichten ? Bernstein hatte seine Sorgen erkannt. Doch sie wollte die Welt kennenlernen, in die sie gehörte. Sie wollte ihre Brüder und Schwestern finden. Und Darkaad würde es irgendwann in seinem Hain im Finsterkamm in den Wahnsinn treiben. Seine Einsamkeit konnte sie ihm nehmen, ja sogar Geborgenheit geben. Aber seinen Schmerz konnte sie nicht ewig von ihm abhalten, hatte sie ihm gesagt. Ihre Kraft schwand. Im Gegensatz zu Darkaad fehlte ihr die speisende Kraft.

In der Zwischenzeit ging die Jagd nach dem kleinen Hund weiter. Die Untersuchungen brachten einige unangenehme Neuigkeiten. Bei dem angeblichen Hund handelte es sich um ein Wesen aus der alten Welt. Niemand wußte wie es hierher gekommen war, aber sie fanden eine Beschreibung in einem solamnischen Buch. Es war ein Tamitun Tometot, der Bringer der Geißel, eine fuchsartige Kreatur mit drei Entwicklungsstufen. Es nährte sich von den Übeln der Menschheit. Es übertrug alle möglichen Krankheiten und zog die frei werdende Energie der Opfer ab. Je höher Entwickelt das Tamitun war, desto schwerere Krankheit setzte es frei und desto mehr Energie saugte es auf. Je höher seine Stufe war, desto höher war auch die Wahrscheinlichkeit von einer Krankheit infiziert zu werden. Die Übertragung war unklar, aber man mußte das Wesen nicht berühren. um krank zu werden. Die bloße Nähe reichte aus. Das Auslösen einer Krankheit hing wohl auch im Zusammenhang mit dem Hunger des Wesens. Als letzter Vermerk stand ein magischer Spruch und einige Zutaten, die einen Menschen vor dem Wesen schützen könnten. Aber niemand sah die Worte von Wayreth.

Die Suche im Schloß war erfolglos und wurde auf den Garten ausgedehnt. Die Gruppe entdeckte es schließlich im Gartenlabyrinth. Sie kreisten es ein und Erik hätte es faßt packen können, doch es entwischte blitzschnell zwischen seinen Fingern hindurch. Die Verfolgung endete am Rand des Hochtales in einem Haufen Geröll. Es war unmöglich das kleines Tier in diesem Wirrwarr von Steinen, Rissen und Spalten zu finden. Die Richtung führte jedoch hinunter ins Tal.

Darkaad saß draußen auf einem Stein und wartete darauf, daß sich Xara und ein paar Menschen, die sie begleiten wollten, bei ihm einfanden und sie zum Rivapfad gingen. Sie mußten sich vorbereiten. Wozu ? Alles was man brauchte, fand man auf dem Weg. Es war warm hier unten. Nahrung gab es in Hülle und Fülle. Lebende Menschen ! Darkaads Gedanken wanderten zu Bernstein.

Man beratschlagte sich. Gerrik wollte auf eine Nachricht von Thalion warten. Xara hatte eigentlich vor, Darkaad zu begleiten. Mehr oder weniger freiwillig. Erik und Shanara wollten das Wesen verfolgen und da es auf dem Weg aus dem Finsterkamm war, stellte es eine Bedrohung für die Bewohner der umliegenden Gegenden da. Shanara bat Darkaad zu warten, damit zuerst das Wesen gefunden werden könnte. Sie erntete einen bösen Blick und gab auf, kurz bevor ein Blitzschlag vom Himmel fuhr. Xara vermutete, daß Darkaad entweder warten oder ihnen nachkommen würde. Sie war bei der Jagd dabei. Gerrik wurde von Amstrad befreit und erklärte sich ebenfalls bereit. Auch Zeziliana war mit von der Partie. Das Wesen hatte ihre Neugier geweckt.

Shanara ging mit Kobald zu einem Spürhund, der ihnen möglicherweise helfen konnte. Es war der Hund der Gräfin und niemand wagte sich an ihn heran. Shanara bemerkte schnell, daß der Hund eher jeden zerfleischen würde, als das er nach einer Fährte suchte. Wunderlicher Weise duldete er Shanaras Welpen bei sich. Der kleine sprang um die großen Pfoten des riesigen Tieres und Shanara befürchtete, daß gleich die starken Kiefer des großen Hundes zuschnappen würden. Der große Hund ignorierte den kleinen jedoch völlig. Nicht so Shanara. Wann immer sie näher kam, sprang er wie verrückt gegen das eiserne Gitter seines Zwingers, daß es fast herausbrach. Die Verletzungen, die er sich dabei zuziehen mußte, waren ihm egal. Später stellte Boromur fest, daß es sich um einen dämonischen Hund handelt. Zusammen mit Kobald wurde das Tier getötet.


Auf der Jagd nach dem Tamitun Tometot

Personen : Gruppe um Gerrik   Gruppe um Aaron   Amstrad de Brion   Darkaad Daarodon   Andere Personen  


 3.Travia 7 n.Hal

Man brach auf. Einen geheimen Gang folgend vermied die Gruppe Darkaad. Die Verfolgung ging die Paßstraße hinunter. Auf halben Weg fand man einen verunglückten Lastkarren. Der Kutscher, sein Gehilfe und ein Junge aus dem Nachbardorf waren tot. Die Untersuchung zeigte, daß der Karren viel zu schnell und in Schlangenlinien die Straße hinuntergefahren war und bei einer großen, breiten Kurve den Weg verlassen und in die Tiefe gestürzt war. In einer Flasche neben dem Fahrer wurde Tee gefunden. Xara untersuchte mit ihrem Wissen über Krankheiten, die Menschen genauer. Keiner der Verunglückten roch nach Alkohol. Dafür zeigten sich rote Stellen am Hals des Fahrers und des Jungen. Die Zungen waren belegt und der Rachen stark gerötet. Beim Fahrer sogar entzündet. Er mußte starkes Fieber gehabt haben. Aber warum war er dann überhaupt gefahren ?

Die Gruppe eilte weiter. Vorbei an einer kleinen Botenstation zum nächst größeren Dorf. Man vermutete, daß es den Tamitun zu Menschen ziehen würde. Zurecht.

Der schnelle Ritt wurde durch eine primitive Goblinfalle unterbrochen. Ein sichtbar gespanntes Seil brachte niemanden in Bedrängnis. Dafür aber die plötzlich auftauchenden Goblins. Nun - es waren nur Goblins - dafür aber viele. Eine wahre Flut braunroter, bepelzter, gebügt laufender Kreaturen ergoß sich auf die Straße und versperrte den Rückweg. Xara warf einem Hexenknoten vor die Goblins. Die Welle kam kurz ins Stocken. Die vorderen Goblins wurden niedergetrampelt. Die Welle brach nach rechts und links auseinander und umrundete das unsichtbare Hindernis. Die Reiter galoppierten weiter den Weg entlang, geradewegs hinein in einen anderen Haufen. Die Goblins rannte und sprangen auf ihre Gegner zu. Sie waren haßerfüllt und achteten auf nichts. Wie Berserker hackten sie auf die Menschen. Es gab keinen Fluchtweg. Beide Richtungen waren voller Goblins. Erik schleuderte einen Feuerball in die eine Gruppe. Viele Gioblins fanden in dem explodierenden Feuer den Tod. Andere rannten weiter. Manche von ihnen brannten noch. Der Feuerball hatte eine Schneise gerissen. Zeziliana schickte die anderen fort. Gerrik weigerte sich zuerst, bis er verstand, was Zeziliana beabsichtigte. Schnell ritt er den anderen hinterher. Die Goblins folgten. Zeziliana verwandelte sich und griff die andere Seite an. Schnell verlor sie die Kontrolle über die ihre Gestalt. Der Blutrausch war überwältigend. Es entbrannte ein Gemetzel.

Gerrik, Xara, Shanara und Erik ritten zurück zur Poststation. Die Goblinhorde folgte ihnen. Schnell warnte man die Anwesenden, verbarrikadierte das Haus und verständigte mit Hilfe einer Schattennadel das Schloß. Die Angriffe der Goblins konnten so lange abgewehrt werden, bis die berittene Verstärkung vom Schloß eintraf.


Noch am selben Tag ritt die Gruppe den Weg zurück. Am Ort des ersten Überfalles lagen überall Körperteile von Goblins verstreut, Blut hatte den Boden getränkt und der Geruch der Verwesung setzte ein. Von Zeziliana gab es keine Spur. Man eilte weiter. Am Abend sahen die Reiter Flammen am Nachthimmel. Das Gehöft, zu dem man wollte, brannte. Die Scheune war nicht mehr zu retten und die Bauern bemühten sich, ein überspringen der Flammen auf das Haupthaus zu verhindern. Die koordinierte Hilfe der Reisenden kam gerade rechtzeitig. In den Flammen waren der Herr und ein Knecht umgekommen. Eine Lampe hatte das Stroh entzündet und die Scheune war binnen Sekunden in Flammen gestanden. Der Herr hatte über leichte Übelkeit geklagt. Sonst war niemand krank oder fühlte sich schlecht. Man verbrachte die Nacht auf dem Gehöft.


 4.Travia 7 n.Hal

Am nächsten Morgen führte der Ritt zu einem winzigen Dorf. In der Kneipe wurde gerastet. Zwei andere Reisende waren die einzigen Besucher. Einer der Fremden schien Erik wiederzuerkennen. Er unterhielt sich kurz mit ihm, man trank etwas zusammen und er verabschiedete sich bald. Sekunden später brach Erik zusammen. Gerrik eilte nach draußen, um dem Fremden zu folgen. Shanara und Xara kümmerten sich um Erik. Er war offensichtlich vergiftet worden. Bevor Gerrik den Flüchtenden erreichen konnte, hatte ein sie begleitender Schattenläufer ihn von seinem Pferd geholt. Gemeinsam brachten sie ihn in die Kneipe und verhörten ihn. Der Mann war eisern. Der Schattenläufer verstand sich auf das "Erhalten von Informationen", schüttelte jedoch letztlich den Kopf. Er bot an, ihn zu Amstrad de Brion zu bringen. Dieser hätte besser Mittel. Die Gruppe stimmte zu und der Schattenläufer brachten den Mann weg. Später im Schloß stellte sich heraus, daß der Mann zu einer Organisation aus Vardall gehörte, der Erik in gewisser Weise übel zugesetzt hatte. Erik überlebte Dank der Hilfe seiner Gefährten und erholte sich rasch.

Ein neuer Gast erzählte später, daß er ein merkwürdiges Tier gesehen hatte. Es paßte nicht ganz auf die Beschreibung der Reisenden, aber barg eine Ähnlichkeit. Es war aus dem Stall gerannt und in Richtung des nächsten Dorfes entschwunden. Krank fühlte sich der Mann nicht. Ein Blick in den Stall zeigt eine Unmenge toter Ratten und ein sterbend krankes Pferd. Das Tamitun war hier gewesen. Die Verfolgung ging weiter.

Ein Rudel Wölfe hielt die Reiter nicht lange auf und bald kamen sie zum nächsten Dorf. Sechs oder sieben Häuser standen entlang der Straße. Erik hörte ein Stöhnen. Ein Mann lag im Gras und kroch mühsam auf sie zu. Er hob die Hand. Schon von weitem waren die schwarzen Flecken und Geschwülste auf seiner Haut zu erkennen. Die Gruppe ritt vorsichtig weiter in das Dorf. Auf der Straße lagen Leichen. In dem Dorf war der schwarze Tot eingezogen. Eine Mutter mit ihrem Baby lag zusammengebrochen vor der Tür. Ein Mann hing aus dem Fenster. Der schwarze Tot mußte sehr schnell gewirkt haben. Ein Mädchen vor einem Haus bewegte sich noch. Man ritt zu ihr.

In diesem Augenblick zischte etwas auf die Straße. Das Tamitun Tometot stand vor ihnen. Den Schwanz breit aufgefächert drehte es sich im Kreis und beobachtete die Reiter. Sie versuchten es einzukreisen. Das Tamitun war schneller. Die Pferd waren nervös und eines scheute. Das Tier nutzte die Gelegenheit und wischte in ein Haus.

Die Gruppe beschloß, daß Haus anzuzünden. Man näherte sich von beiden Seiten und warf Fackeln auf das Dach und in das Haus. Das Tamitun wurde durch den Rauch nach draußen getrieben. Darauf hatten sie gewartet. Wieder umkreisten sie das Tier. Es sprang. Erik sprach einen Zauber und ein Lasso aus Feuer legte sich um das Tier, riß es von den Füßen und zog es zu ihm. Gerrik zögerte nicht lang und hieb mit seinem Schwert auf das Tier ein. Mit einem Streich nahm er sein Leben. Shanara traute dem Frieden nicht und stach mehrmals in den leblosen Körper. Das Tamitun war tot. Sie hatten es geschafft. Die Menschen im Dorf leider nicht. Das Mädchen und der Mann waren verloren. Sie starben noch in der Nacht.


 5.Travia 7 n.Hal

Man kennzeichnete das Dorf mit Warnzeichen und machte sich auf den Rückweg. Der Schrecken des Schwarzen Todes begleitete einige in ihren Gedanken. Voller Angst blickte man auf seine Hände und in die Gesichter der Kameraden. Kein Mal, kein Zeichen, keine Flecken.


 6-7.Travia 7 n.Hal

Nach zwei Tagen erreichten sie erneut das Schloß. Es war ein merkwürdiges Gefühl, die Mauern zu sehen. Auf der einen Seite war der Anblick vertraut und die Bewohner geschätzte Leute, auf der anderen Seite waren in den letzten Madas dort mehr unheimliche Dinge geschehen als in einem ganzen Götterlauf. Man benutzte den Geheimgang, um lieber nicht Darkaad zu begegnen und kam ins Schloß.

Amstrad hörte sich den Bericht an und sprach seinen Dank aus. Die Gruppe erfuhr, daß die Schläferin vor zwei Tagen bei einem Ausbruchversuch getötet worden war. In ihrem Raum war die Kiste gefunden worden und einige alte Spruchrollen, Artefakte und merkwürdige Gegenstände, mit denen auf Anhieb niemand etwas anfangen konnte. Ophelia, Eritania und Ariana waren abgereist. Kobald war, auf den Wunsch Amstrads, im benachbarten Tal und erkundigte sich nach Kranken und Bedürftigen. Darkaad war bereits verschwunden gewesen, als sie mit den Pferden von dem Kampf mit den Goblins zurückgekehrt waren. Niemand hatte ihn gehen sehen. Er saß auf einmal einfach nicht mehr auf dem großen Stein am Tor.


 8-9.Travia 7 n.Hal

Nach zwei Tagen wollte die Gruppe aufbrechen. Gerrik zog es auf anraten Amstrad zur Burg Dunkelschlucht, die anderen wollten ihrer Verabredung im Norden nachkommen. Xara fühlte sich an dem Morgen äußerst schwach. Ihr Gepäck war schwer und ihr war heiß. Nach dem Frühstück wurde ihr schlecht und sie mußte sich übergeben. Sie wurde zurück auf ihr Zimmer gebracht. Der Heiler aus dem Nachbartal traf ein und untersuchte sie. Er fragte nach den letzten Tagen und was jeder gegessen und getan hatte. Als er von dem Dorf erfuhr, sprang er zurück. Die Symptome stimmten. Er rief dem Dienstpersonal ein paar Anweisungen zu und verabschiedete sich unverschämt schnell. Es sprach sich herum wie ein Lauffeuer. Einige der Bediensteten verließen Hals über Kopf das Schloß. Amstrad stellte mit Hilfe der Schattenläufer die Ordnung wieder her. Die Bewohner des Schlosses wurden auf das notwendigste Personal reduziert und ihnen wurde verboten, den ersten Stock zu betreten. Die Gruppe wurde in ihren Gästezimmern isoliert. Erik und Shanara protestierten, sahen aber bald die Notwendigkeit ein. Sie wurden in andere Zimmer untergebracht.


 10-11.Travia 7 n.Hal

Amstrad kümmerte sich um die Kranken. Erik und Gerrik zeigten zwei Tage später gräuliche Flecken im Gesicht und ihr Wohlbefinden verschlechterte sich täglich. Shanara hielt am längsten durch. Dann kippte sie plötzlich um.

Thalion saß auf dem Boden und starrte auf die Inschrift seines eigenen Grabes. Er hatte mit seinen Gefährten das Grab versiegelt. Ein Teil von ihm ruhte dort, war gestorben und verloren. Der andere Teil versuchte sein neues Leben zu verstehen. Er hatte lange mit Aaron gesprochen. Er verstand den Waldläufer auf einmal besser als je zuvor. Auch Aarons Frau war von den Toten zurückgekehrt. Sie war böse. Sie vernichtete. Und er ?. Was würde aus ihm werden ? Es war keine Verzweiflung, kein Haß, kein Zorn, keine unsterbliche Liebe oder eine unerledigte Aufgabe, die ihn zurückgebracht hatte. Es war ein Handel gewesen. Thalion hatte beschlossen, die Strafe des Einen anzunehmen. Und er würde seinen Teil für den Anderen leisten. Und dann ? Wann war die Schuld gesühnt ? Und was würde geschehen, wenn er ein zweites Mal stirbt, was irgendwie unvermeidbar war ? Die Buchstaben der Grabinschrift füllten sich plötzlich mit Nebel. Ein leichter Luftzug blies sie in die Richtung des Mannes und umspielte sein Gesicht mit der kühlen, feuchten Luft. Thalion zog den Nebel ein. Er beruhigte sich. Er spürte seine Nähe. Und er betete. Und erhoffte, diese Nacht würde niemand in seiner Nähe sterben.


 12-13.Travia 7 n.Hal

Shanara hatte zwei Tage hohes Fieber, war unansprechbar, aß und trank nichts. Am dritten Tag wachte sie auf und zeigte keine Zeichen einer Krankheit. Ihr kleiner Welpe leckte ihr Gesicht und kuschelte sich in ihren Arm.

Xara war am schlimmsten betroffen. Sie war in einer Nacht nahe dem Tode und weder der Heiltrank noch die Lebenskraft, die Amstrad spendete, halfen ihr. Sie fieberte in einem Wahn und erzählte etwas von einem Krieg. Schwarz und silbern gerüstete Krieger schlachteten sich gegenseitig ab. In den Lüften flogen riesige, dunkle Schatten und es roch nach verbrannter Erde. Es überlebte niemand die Schlacht. Das Tal, in dem der Kampf getobt hatte war voller Leichen. Sie zerfielen in Sekunden und nur die Knochen der Skelette blieben zurück. Einer der Schädel leuchtete besonders hell. Er kam näher. Durch die Augen blitzte ein Juwel - das Juwel. Es funkelte sie böse an.
Darkaad marschierte weiter nach Norden. Er hatte ein gutes Gefühl. Ein Ziel führte seinen Weg. Ein Zweck erfüllte ihn. Und das Wetter war angenehm.

Der Schattenläufer war einer der Besten. Er fand Schatten, die keiner bemerken würde. Er paßt sich seiner Umgebung an wie ein Chamäleon. Und er war eins mit der Natur. Es war seine Spezialität. Sein Meisterstück. Ein Waldläufer im Dienste des Schatten.

Erik und Gerrik durchliefen den typischen Krankheitsverlauf. Dank des Todes des Tamitun, verlief die Krankheit nicht im beschleunigten Maßen. Amstrad hatte genug Zeit, ihre Lebenskraft aufrechtzuerhalten. Er brauchte keine Ansteckung zu fürchten und kümmerte sich selbst um die Opfer. Ohne ihn hätte Boron vier weitere Seelen bekommen.


 14.Travia 7 n.Hal

Shanara verlies das Schloß. Sie war gesund und wollte sich nicht neu anstecken. Sie schlug den Weg nach Norden ein, begleitet von einem Schattenläufer, um Thalion und den anderen auszurichten, daß die anderen durch die Krankheit nicht rechtzeitig kommen konnten.


 15.Travia - 29. Boron 7 n.Hal

Es dauerte Wochen bis alle vier so weit waren, daß sie sich kräftig genug fühlten, das Schloß zu verlassen. Außer ihnen waren zwei Mägde und der Stalljunge erkrankt. Dank Amstrad mußte niemand sterben. Woher der Freiherr die Energie genommen hatte, wußte niemand. Und niemand wollte ihn wirklich fragen.

Aaron, Berim und die Elfen warteten vor der Grotte. Die anderen waren bereits fort. Das Jagdschloß befand sie wieder im Besitzt seines alten Herren. Die Elfen hatten ihre Freundschaft erneuert und gleichzeitig eine Bitte geäußert. Aaron und Berim würden sie ihn ihr Reich begleiten. Thalion wollte ein Stück des Weges mit, bis er zur Burg Dunkelschlucht abzweigen würde. Er hatte dort eine Verpflichtung zu erfüllen. Seine Botschaft war bereits unterwegs.

Darkaad wischte das Blut von seinem Speer. Warum zum Gestank der Niederhöllen wollten diese Menschen es nicht verstehen. Er wollte nach Norden, zum Rivapfad. Er war an lästigen Verzögerungen nicht interessiert. Vor allem verstand er nicht, warum er jemanden, wie hatte der Mann gesagt, Wertgegenstände und Waffen geben sollte, ohne ihn zu kennen. Was für Dumpfköpfe. Zuerst diese Reiter, die "Steuern" von ihm haben wollten. Als er fragte, was "Steuern" sind, haben sie gelacht und wollten ihn zu einer Burg bringen. Die lag aber im Westen und es wäre ein Umweg gewesen. Als er nicht wollte, haben sie ihn angegriffen. Und dann vor ein paar Tagen diese Elfen. Es sei verboten ihren Wald zu betreten. Er sei nicht willkommen. Er wollte auch gar nicht willkommen sein. Er wollte nur durch. Und sie hatten ihm nicht einmal eine Alternative angeboten. Er hätte ihren Wunsch ja respektiert. Er mochte die vielen Besucher, die in letzter Zeit den Druidenhain besucht hatten auch nicht. Aber diese Elfen meinten, das ganze Gebiet sei ihres und er sei "badoc" und würde alles zerstören. Er hätte sie fragen sollen, was "badoc" ist, aber da waren sie schon versteinert. Der ganze Weg durch den Wald war dann sehr lästig geworden. Überall tauchten diese Elfen auf und störten ihn. Und dann, endlich aus dem Wald raus und auf dem Pfad, tauchten diese Menschen auf und fordern seine Sachen. Er verstand das nicht. Darkaad trottete weiter den Pfad entlang.


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Inhalt Praios/Rohal Beilunker Reiter 15.10.2001