Die Bruderschaft der weißen Hand


Historica Aventuria 5 n.Hal   



Tagebuch des Tanburin Aristid

Erster Eintrag

Ich bin es nicht gewohnt, ein Tagebuch zu führen, aber meine Gedanken sind so durcheinander und ich kann mit niemanden reden. Vielleicht kann ich sie ein wenig sortieren, wenn ich sie aufschreibe.

Es ist ganz einfach, ich habe eine Frau kennengelernt. Sie ist wundervoll, wunderschön, reich und kommt aus gutem Hause. Die perfekte Partie für mich. Ich habe sie im Garten gesehen. Sie saß beim Brunnen, betrachtete die Blumen und sagte mit sanfter Stimme : " Alles hier ist so schön - ich liebe es." Sie atmete tief und machte einen Schmollmund.

Sie war so süß, daß ich näher treten mußte. Ich schlich mich hinter sie und flüsterte : "Wie sehr ? " Sie sah überrascht aus, fing sich aber gleich wieder, da sie mich als den erfolgreichsten Kaufmann der Stadt Vardall kannte. "Ich flüchte mich vor meinem schrecklichen Leben in den Garten", antwortete sie. "Ich liebe ihn mehr als alles andere, um ehrlich zu sein." "Und nun hast DU mich kennengelernt", sagte ich. Sie kicherte und in diesem Moment wußte ich, daß sie für mich war. Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der so intensiv reagiert hatte. Ich mußte sie haben. Sonst laufen die Frauen hinter mir her. Ich bin der reichste Händler in der Stadt und so lange ich das magische Amulett des Phex habe, kann auch kein Handel scheitern. Aber ich habe noch nie soviel in eine Frau investiert. Wenn sie mich nicht haben will, weiß ich nicht, was ich tun werde. Später mehr ...

Siebter Eintrag

Jedes Mal wenn ich sie sehe, sehne ich mich danach, noch mehr Zeit mit ihr verbringen zu können. Zuerst haben wir uns an dem alten Ingval getroffen, an dem ich als Kind immer zu spielen pflegte. Es machte mich so glücklich, ihr meine alten Verstecke zeigen zu können. Es war die reinste Freude, sie über die Trittsteine zu führen - sie wollte sie nur betreten, wenn ich sie an der Hand hielte, da sie Angst hatte, ihr Kleid naß zu machen. Jeder Schritt brachte sie weiter weg vom Ufer und beim fünften und letzten, fiel sie in meine Arme. Ich werde sie öfter herbringen müssen.

Elfter Eintrag

Anastasia fängt langsam an sich mir zu öffnen. Ihr Leben war schwierig, aber nicht ganz so schlimm, wie sie manchmal glauben möchte. Ihr Vater starb, als sie noch ganz klein war und ihre Mutter heiratete einen brutalen Mann, der sich in Anastasias Leben einzumischen versuchte. Er kümmerte sich nicht richtig um sie, sondern dachte nur an das Hochzeitsgeschenk, das sie wert ist. Er wollte nur ihren Wert als Heiratsobjekt halten. Sie kann sich kaum an ihren richtigen Vater erinnern. Aber sie weiß noch, daß er immer Gute-Nacht-Geschichten erzählt hatte. Eine mochte sie besonders gerne : "Die hüpfenden Bohnen." Als ich ihr erzählte, daß mir vor langer Zeit mein Vater die selbe Geschichte vorgelesen hatte, lächelte sie so lieblich, daß mit den ganzen Tag war ums Herz war. Ich will sie zur Frau haben, ungeachtet ihres pfennigfuchsenden Stiefvaters. Auch wenn ich die ganze Welt zahlen sollte, ich würde es tun...

Zwanzigster Eintrag

Ihr Vater erlaubt ihr nicht mehr, mich zu treffen. Es war ganz offensichtlich Teil seines Planes, uns so lange zusammenzulassen, um mein Interesse zu schüren. Da die Beziehung nun gereift ist, hat er sie eingesperrt und verlangt die Hochzeit. Ich habe natürlich nichts gegen die Heirat - dafür habe ich mich schon längst entschieden - aber ich habe etwas dagegen, daß er sie mich nicht sehen läßt, während er ausrechnet, wie hoch das Geschenk sein soll. Ohne Zweifel kalkuliert er, wieviel er ohne die Hochzeit zu riskieren, aus mir herausquetschen kann. Ich kann jetzt nur noch abwarten.

Fünfundzwanzigster Eintrag

Die Warterei macht mich ganz verrückt. Ich kann mich nicht mehr auf meine Geschäfte konzentrieren. Ich kann mich auf NICHTS mehr konzentrieren. Ich habe ihren Stiefvater wiederholt gebeten, eine Entscheidung zu treffen und jedesmal schickt er mich ohne eine Antwort fort. Das letzte Mal brüllt er, daß er mir einen Boten schicke werde, wenn die Entscheidung gefallen wäre, und daß ich ihn solange in Ruhe lassen sollte. Ws kann ich tun. Ich warte und warte und ...

Siebenundzwanzigster Eintrag

Da ich nicht mehr arbeiten kann, habe ich entschlossen, ein Portrait in Auftrag zu geben, um mir die Zeit zu vertreiben, während ich auf den Boten warte. Ich habe natürlich Leonard Bogasch engagiert. er ist für seine exzellenten Arbeiten im Mittelreich bekannt. Ich erwarte ihn in den nächsten Tagen.

Dreißigster Eintrag

Das Portrait geht gut voran. Leonard wird seinem Ruf gerecht. Dennoch können die stundenlangen Sitzungen mich nicht von den Gedanken an meine Zukünftige ablenken. Wenn ich posiere, denke ich nur noch viel mehr daran, wie sehr ich sie vermisse. Ich erwarte den Boten jetzt täglich. Ich Stiefvater sagte, ich solle das Geschenk direkt dem Boten geben. Erst dann werde ich meine geliebte Anastasia wiedersehen. Sollte mich nicht wundern, wenn der Bote einer der Bruderschaft ist. Sie werden immer unverschämter. Bestimmt muß ihr raffgieriger Stiefvater "Handelsgeld" für diese Hochzeit zahlen. Ich äußerte meine Zweifel, mein halbes Vermögen diesem Boten anzuvertrauen, und so kamen wir überein, daß der Bote sich mit ein paar Details, die nur meine Verlobte und ich kenne, ausweisen sollte. Ach, ich würde fast alles tun, um die Heirat zu beschleunigen.

Zweiunddreißigster Eintrag

Das Gemälde ist fertig und der Bote ist immer noch nicht gekommen. Ich frage mich, ob der Mann sich bewußt ist, wieviel Schmerz er mir und Anastasia zufügt und ob es ihn überhaupt interessiert.

Dreiunddreißigster Eintrag

Der Bote ist endlich gekommen. Nachdem er sich ausgewiesen hatte, gab ich ihm die unanständige Summe, die ihr Stiefvater verlangte. Es wird Jahre dauern, bis ich wieder soviel verdient habe, aber ich hätte alles bezahlt, damit diese Qual ein Ende findet und ich Anastasia endlich wiedersehe. Sie kann jeden Moment hier sein, weswegen ich das hier abschließen werde.

Zweiundsiebzigster Eintrag

Ich habe die Bruderschaft endlich wegen den unfairen Steuern angesprochen, die sie in dieser Stadt erheben. Die Entwicklung in Vardall gefällt mir gar nicht. Sie benehmen sich so, als ob ihnen hier alles gehöre. Sie waren mir schon immer ein Dorn im Auge, aber jetzt werden sie zu unverschämt. Bisher habe ich ihnen noch keinen Anlaß gegeben, gegen mich zu sein, aber ich jetzt habe ich sie sicher provoziert, so wie sie sich für wichtig halten. Aber solange ich das Amulett habe und einen mächtigen Magier zu meinem Freund, werden sie nichts unternehmen.

Einundachtzigster Eintrag

Jetzt bin ich mit sicher. Sie sind doch hinter mir her. Ich habe das Schloß an der Tür durch ein neues, sehr sichere austauschen lassen, aber sie waren trotzdem im Haus. Wäre Artonan nicht gewesen und das Amulett, ich wäre sicher tot. Anastasia ist auch in Gefahr. Diese Mörder schrecken vor nichts zurück.

Dreiundachtzigster Eintrag

Heute früh wollten sie meine Geliebte umbringen. Der Bolzen traf sie zum Glück nur am Arm. Ich muß dem kleinen Tirili danken. Er hat sie im letzten Moment zur Seite gerissen. Ich kann den Jungen nicht leiden. Immer ist er in Schwierigkeiten, aber er hat ihr geholfen. Ich werde ihm das Vogelbuch schenken, daß er einmal auf dem Markt gestohlen hat.

Achtundachtzigster Eintrag

Wir müssen hier weg. Morgen packen wir alles Nötigste zusammen und verschwinden heimlich. Der Archon will uns helfen. Anastasia ist total verängstigt und das Haus ist es nicht wert, dafür zu sterben. Vielleicht kann ich später die Einrichtung holen lassen. Die Juwelen und das Gold haben die beiden Boten gestern geholt. Komische Leute, aber sie wurden mir als sehr zuverlässig empfohlen und sind nicht gerade billig. Sie haben sich beide ausgewiesen. Irgend jemanden muß ich vertrauen, auch wenn ich das früher nicht wahr haben wollte. Ach, Anastasia hat mir viel beigebracht. Hätten wir uns nur nicht in Vardall kennengelernt. Die Stadt ist verflucht. Und der Fluch hat einen Namen.

Neunundachtzigster Eintrag

Ich werde diese Buch gleich verbrennen. Es hat mich lange begleitet und birgt schöne Erinnerungen. Aber es ist zu gefährlich, es zu behalten. Und die schönste Erinnerung begleitet mich an meiner Seite. Gestern Abend haben sie ihre Stiefvater ermordet. Er wollte nicht mehr zahlen und hat einen mit der Armbrust gedroht. Sie ist nicht besonders traurig. Ich auch nicht. Der Archon kommt gleich. Ab in die Flammen ...


( -- Idee und Textstellen stammen aus der Geschichte des "Deathgate". -- )






Spruchrolle des Sirion Silberhaar






Bruderschaft Feuertag Beilunker Reiter 012.08.2000