Tanz der Schatten IV


Historica Aventuria 7 n.Hal   



Niemand wußte woher der Schattenrat gekommen war. Kaum ein Sterblicher ahnte von seiner Existenz. Und doch hatten viele ihr Leben dem Rat zu verdanken. Dem Rat, der den Hunger und den Haß derer kontrollierte, denen weder das Leben noch der Tod vergönnt war. [ Letzter Eintrag ]




Die Zusammenkunft


 24.Travia 7 n.Hal

Aus der Expedition in das Orkland wurde nichts. Thalion Trendfort mußte seinen neuen Verpflichtungen dem Schattenrat gegenüber nachgehen und war auf der Burg Dunkelschlucht im Finsterkamm.

Xara, Erik und Gerrik hatten sich auf der Jagd nach dem Tamitun Tometot in ein Dorf gewagt, dessen Bewohner der schwarze Tod ereilt hatte und sich mit der gefährlichen Krankheit infiziert. Sie kämpften im Schloß Drachenstein im Finsterkamm um ihr Leben.

Aaron und Berim hatten der ihnen verbundenen Elfin Alasariel Lärchensang das Versprechen gegeben, zwischen den Elfen und den Goldsuchern am Fluß Oblomon zu vermitteln. Seid langem gab es dort zwischen den Rassen Probleme. Bisher zogen sich die Elfen weiter in ihre Wälder zurück und vermieden eine Auseinandersetzung. Seit kurzem drangen jedoch die Holzfäller immer tiefer in die Wälder, um gutes Holz für die Dämme und Stollen zu schlagen und die Goldsucher stauten und zerstörten den Oblomon rücksichtslos, getrieben von der Gier des Goldes. Die Oblomonelfen, vor allem die Elfen des Lemontales fingen an sich zu wehren. Es kam zu blutigen Auseinandersetzungen. Die Elfen des Kvills fürchteten um den Frieden der Wälder und hatten um Hilfe gebeten. Aaron kannte den Haß der Menschen auf die Elfen aus seiner Zeit in Mengbilla nur zu gut und hatte sofort zugestimmt.

Shanara wollte sowieso nicht in das Orkland, sondern plante nach Hause in die Trollzacken zu reisen.

So kam es, daß sich Aaron, Berim, Alasariel, der Elfenkrieger Galantal Silberpfeil, der Elfenkundschafter Lerondial Eulenblick und Shanara am vereinbarten Treffpunkt in Thiefhusen trafen und die Neuigkeiten austauschten. Shanara schloß sich den anderen auf ihrer Weiterreise an. Oblarasim bot ihr eine gute Möglichkeit in den Süden zu Reisen und für die weite Strecke nach Osten hatte sie sichere Begleitung.

 15.Boron 7 n.Hal

In Riva blühte der Fellhandel. Viele der Jäger des Nordens waren wegen des Winters auf der Durchreise nach Süden und verkauften die Felle, die sie in diesem Götterlauf erbeutet hatten. Der Winter war spät. Zu dieser Zeit lag sonst überall Schnee und die Temperaturen trieb die Menschen in die warmen Häuser. Eine große Karenherde hatte nördlich der Stadt ihre Sommerweide verlassen und die Nivesen vom Stamm der Rika-Lie zogen nach Südwesten. Zuvor bevölkerten sie die Stadt und handelten mit aller Härte um Metall und andere nützliche Dinge, die sie im Winterlager verarbeiten konnten. Shanara hatte in Thiefhusen bereits einige dieser kleinwüchsigen, zähen Menschen gesehen, die sich mit ihren meist roten Haaren, der sonnengebräunten Haut, den braunen bis bernsteinfarbenen, leicht schrägstehenden Augen und weichen Gesichtszügen von der Masse der Menschen hervorhebten. Zudem waren sie immer von einer Kinderschar umgeben und die wilden, recht aggressiven Steppenhunde kündigten sie frühzeitig an. Der kleine Welpe, den Shanara im Finsterkamm gerettet hatte, entwickelte sich prächtig und gewöhnte sich immer mehr an seine neue Gefährtin, die ihn das ein oder andere Mal vor einem der wilden Hunde rettete.

Isidra Peschelei, Hauptmann der Garether Gardisten hatte die beiden flüchtigen Verbrecher aufgespürt und die Gemeinen brachten sie zu ihrer verdienten Strafe zurück ins Herzen des Reiches. Isidra hatte den Befehl viel schneller als erwartet erledigt. Ihr Oberst hatte ihr gesagt, sie sollte nach dem Auftrag ihre Familie besuchen. Sie hatte sich in der Verfolgung der plündernden Goblinhorden, die wie eine Schwarm wilder Bienen aus Andergast in das Reich geströmt waren, eine Auszeichnung verdient und zusätzlichen Heimaturlaub erhalten. Man erwartete sie nach dem Winter im Mada des Phex zurück. Isidra war zwar froh über den langen Urlaub. Aber fast fünf Mada waren sehr lang. Im Dorf Ask im Bornland, bei ihrer Familie würde es die ganze Zeit langweilig werden und keine ehrenvollen Taten bringen. Sie würde ihre Familie besuchen, sicher, aber es war nicht eilig, besonders da der Winter sehr mild zu werden schien. So schloß sich Isidra einer Reisegruppe nach Oblarasim an, nachdem sie einer Elfin gegen drei rüde Banditen geholfen hatte.
Die Reisegruppe erstand wärmere Kleidung für die Weiterreise und deckte sich mit Proviant ein. Die Ausrüstung und die Waffen wurden überprüft und ausgebessert. Berim klagte über die Kälte, während die hier beheimateten Elfen die Temperatur zu dieser Zeit für ungewöhnlich warm hielten und sich über den fehlenden Schnee wunderten. Aaron erfuhr von den Nivesen, daß Firun noch einen halben Madalauf auf sich warten lassen werde, dann aber mit aller ihm gegebener Heftigkeit das Land Heimsuchen werde. Die Himmelswölfe waren unzufrieden. Die Karene brachen zu spät auf. Die Wölfe waren unruhig und würden hohen Tribut für die sichere Passage zur Roten Sichel verlangen. Leriondal zweifelte keine Sekunde an den Worten des alten Nivesen. Eilig setzte man die Reise fort.

 18.Boron 7 n.Hal

Adeptus Cordovan Westfal saß in dieser winzigen Steinhütte fest und fragte sich, was er hier tat. Er hatte ein Schreiben seiner Akademie überbracht und bekam von einem alten Magier, dessen Namen er immer noch nicht verstand, ein Antwortschreiben überreicht. Es sei sehr dringend und müsse unbedingt bis 11 nach Hal zugestellt werden, sonst geschähe ein großes Unglück. Für Cordovan war der alte Archon ein Fall für die Neoniten. Aus Respekt vor dem Rang und dem Alter behielt er seine Meinung für sich und wartete darauf, daß der Alte ihn entlassen würde. Endlich brachte der Archon ihn zur Tür. Auf dem Weg zum Rivapfad, nachdem Cordovan aus den Wirren der Steinfinger gefunden hatte, kam ihm ein riesiger Mann entgegen. Er war vollständig in Felle gehüllt, schwarzes aufgewühltes Haar bedeckte sein Haupt und verdeckte fast sein ganzes Gesicht bis auf die dunklen Augen und die große Nase. Ein Obsidianstreitkolben und ein kleiner Reisebeutel hingen an seinem breiten Ledergürtel. Ein Dolch steckte in einer Scheide. Der Mann wahr recht stur und bestand darauf, daß Cordovan ihm aus dem Weg ginge. Etwas an der Ausstrahlung des Mannes brachte den jungen Adeptus dazu, keinen Streit anzufangen und er ging zur Seite. Der Mann schlug die Richtung zur Hütte ein, zweigte dann falsch ab und ging zur Bärenhöhle, die der Adeptus drei Tage zuvor ebenfalls zu seinem Schrecken gefunden hatte. Cordovan eilte zurück, um den alten Archon zu warnen.


 19.Boron 7 n.Hal

Erst am nächsten Tag traf der unheimliche Mann in der Hütte ein. Cordovan wurde gebeten zu bleiben. Der Mann befragte den Magier nach einem Portal im Norden. Er sprach von einem Weltenportal, nach einem Weg von dieser Welt und das ein Drache nach Hause wollte. Cordovan betrachtete die beiden Verrückten, wie sie sich unterhielten. Da hatten sich zwei gefunden. Der Archon wußte nicht viel und schickte den Mann, Darkaad Daarodon war sein Name, weiter zu den Völkern im Norden. Dann geschah alles sehr schnell. Darkaad stand auf und der Alte riet Cordovan, ihn zu begleiten. Er könnte einiges von dem Mann lernen. Cordovan war so überrumpelt, daß er einwilligte ohne darüber nachzudenken.

Auf dem Rivapfad trafen Shanara, Aaron, Berim und die Elfen auf Cordovan und Darkaad. Shanara hatte damals, als Darkaad auf Schloß Drachenstein nach Mitreisenden gesucht hatte mit der Idee gespielt, den unheimlichen Druiden zu begleiten. Diese zweite Begegnung deutete sie als Wink der Götter und fügte sich. Cordovan wunderte sich ein wenig, daß diese bunt gemischte Reisegruppe den großen Mann kannten. Über eine starke Begleitung bis Oblarasim war er dankbar, den der Rivapfad wurde von Elfen und Banditen heimgesucht und es gab wilde Tiere in den dunklen Wälder zwischen Kvill und Oblomon. Darkaad beschloß, daß er mit einem Pferd schneller vorankam und die Menschen ihm helfen konnten, nicht dauernd auf Probleme mit anderen Wesen zu stoßen. Er war zu lange allein gewesen und die Erinnerung an alte Zeiten zu stark verblast. Er beschloß sich zurückzuhalten und diese Menschen dort tun zulassen.

 23.Boron 7 n.Hal

Oblarasim war eines der schlimmsten und verruchtesten Dörfer der Gegend. Der Rausch des Goldes hatte alle Arten von Wesen angelockt. Mittelreicher, Bornländer, Svelter, Norbaden, Zwerge, Orks, Grolme und sogar Südländer aus den tiefsten Regionen Aventuriens. Darian hatte seinen eigenen Grund hier zu sein. Es war nicht das Gold in Sumus Leib, auch wenn er ein wenig im Fluß gewaschen und in einem der Stollen gegraben hatte. Und an das Gold der anderen war schwerer heranzukommen, als er gedacht hatte. Der Goldrausch brachte mehr zwielichte Gestalten und Raufbolde nach Oblarasim als gut war. Zudem die letzten großen Funde lange zurück lagen und mit der zunehmenden Armut der Goldsucher die Probleme stetig wuchsen. Die Stadtwache war überfordert und dem Hauptmann, ein Halbork, gefiel der üble Zustand besser als es sollte.

Als die Reisegruppe in Oblarasim ankam, fiel sie auf wie ein bunter Hund. Die Elfen wurden beschimpft, es wurde auf den Boden gespuckt und nur die Waffenstärke der Reisenden hielt den Pöbel davon ab, die Elfen anzugreifen. Aaron, Berim und die Elfen beschlossen, sich in den nahegelegenen Wald zurückzuziehen. Eine Nacht in der Stadt war zu gefährlich. Die anderen suchten sich das beste Quartier, das sie finden konnten und ruhten sich aus. Darkaad sah diese Verzögerung nicht ein und ritt weiter.
Mitten in der Nacht tauchte der Druide wieder auf und brüllte mitten auf der Straße nach Cordovan. Das Pferd Darkaads, eigentlich Berims Pferd, hatte von selbst beschlossen, zu ruhen und den Dienst nördlich des Dorfes verweigert. Darian wurde so auf die Gruppe aufmerksam und behielt sie im Auge. Kurze Zeit später gab es einen neuen Tumult, als Darkaad die Zeche mit einem Klumpen Gold bezahlen wollte. Der total verzückte Wirt zählte in Gedanken bereits seinen Gewinn aus dem neuen Claim und nervte Darkaad dermaßen, daß dieser ihn versteinerte. Dies führte zu noch mehr Aufregung. Zügig verließ die Gruppe die Stadt. Darian bemerkte einen seltsamen Verfolger und bei einer passenden Gelegenheit organisierte er sich ein Pferd und ritt der Gruppe hinterher.

Aaron, Berim und die Elfen gerieten im Wald zwischen die Fronten. Sie waren, um sicher zu gehen, zwei Stunde in den Wald vorgedrungen, als sie Kampfeslärm hörten. Als man den Ort erreichte, war es zu spät. Eine Gruppe von Elfen des Lemontales hatten eine Gruppe Holzfäller überfallen und Gefangene gemacht. Die anderen Holzfäller waren schwer verwundet und brauchten dringend Hilfe. Berim und Leriondal brachten die Verwundeten in ihr Lager nach Nordwesten, Aaron und die anderen Elfen wagten das Unmögliche und folgten der Spur der Entführer. Viel Zeit blieb ihnen nicht, sonst wären die wenigen, kaum sichtbaren Spuren gänzlich verschwunden.

 24.Boron 7 n.Hal

Der nächste Tag verlief in keinster Weise ruhiger. Isidra brachte Berims Pferd zurück nach Oblarasim, während die anderen dem laufenden Darkaad im Schrittempo hinterher ritten. Darkaad konnte davon überzeugt werden, nach Osten zum Dorf Naaulok und von dort nach Nysjunen am Alavisee zu gehen. Die Menschen dort könnten etwas über seltsame Orte und Geschehnisse im Norden wissen. Sie hatten keinen Anhaltspunkt über ein Portal und mußten anhand des Wissens der Einheimischen oder gar aus deren Sagen und Geschichten einen Hinweis finden. Die Nivesen schienen eine gute Möglichkeit zu bieten und viele von ihnen waren in Naaulok oder Nysjunen. Darkaad hielt sich zurück und ließ die Menschen tun. Er stapfte nach Osten.

Isidra traf Aaron und die anderen nicht in Oblarasim. Sie versuchte kurz, in den Wald zu reiten, in dem sie einen Tag zuvor verschwunden waren, verlor nach den ersten Metern die Orientierung und gab auf. Es hatte keinen Sinn ihnen in diesen Wald zu folgen. Sie brachte Berims Pferd unter und ritt zurück zu den anderen. Doch auch hier verlor sie den Weg und irrte einige Zeit ohne Erfolg umher. Erneut in Oblarasim fand sie einen Norbarden, der sie nach Naaulok bringen wollte.

Darian folgte der Gruppe. Und er war nicht allein.

Cordovan half einem kleinen Jungen, dessen Lederdrachen sich in einer großen, einzelnstehenden Eiche verfangen hatte. Der Drache war leider irreparabel zerstört, jedoch fiel Cordovan das Material und die exzellente Verarbeitung auf. Dieser Drache war kein Kinderspielzeug. Der Junge erzählte, er hätte ihn von einem Nivesen bekommen. Er führte die Reisenden zum Gehöft seines Vater, auf dem Cordovan, Shanara und Darkaad schwere Winterkleidung und andere nützliche Dinge für die kalten Regionen kauften. Die Bewohner waren auf ihre Wünsche bestens vorbereitet und es war ein Teil ihres Einkommens, Reisende auf dem Weg in den Norden auszustatten. Wenn auch nicht zu dieser Zeit des Götterlaufes.

Während die einen auf dem Gehöft weilten, überholte sie Isidra mit dem Norbaden. Am späten Nachmittag rasteten sie und die anderen holten auf. Wieder vereint, kehrte der Norbade um. Am Abend, zur Zeit des Lagerfeuers, nutzte Darian die gebotene Gastfreundschaft Travias und gesellte sich zur Gruppe.

Es war die erste Nacht, in der sein Verfolger einen neidischen Blick auf das wärmende Lagerfeuer warf. Er hoffte, der Mann würde bald ein Quartier für den Winter suchen, sonst müßte er die Verfolgung aufgeben.


Firuns Wille

 25.Boron - 5.Hesinde 7 n.Hal

Firuns Wille kam innerhalb einer Nacht. Die Temperatur viel binnen Stunden. Es wurde eiskalt. Der Schnee folgte in der Nacht. Am Morgen begrüßte die Bewohner westlich des Oblomons eine dicke weiße Decke.

Die Reisenden bemerkten davon nichts. Das Steppengras der Taiga war gelblichgrün, die lichten Wälder der Ebene trugen noch vereinzelt verfärbte Blätter und man konnte so weit sehen, wie das Auge reichte. Die Steppe war flach und eine stetige, steife Brise brachte kalte Luft aus Norden. Shanara führte die Gruppe den unteren Frisundpfad entlang. Die anderen erkannten keinen Weg, überall dominierte das Steppengras, die Jägerin war sich ihrer Sache sicher. Man überquerte eine Karenherdenspur und Isidra nahm einen alten, toten Norbaden mit, den sie an einen Baum gelehnt, mitten im Nirgendwo, mit etwas Proviant, gefunden hatten. Vorbei an einem alten Lagerplatz traf man auf einen Fluß und folgte diesem nach Norden. Da ihnen die Region und ihre Bewohner unbekannt waren, ahnten sie nicht, daß es sich bei dem Lagerplatz um das verlassene Naaulok gehandelt hatte, welches nur in den warmen Monaten existierte.

Darkaad war zufrieden. Sie kamen voran, er hatte in den letzten Tagen keine Probleme mit Wesen gehabt, seine Begleiter waren recht unterhaltsam, auch wenn sie für seinen Geschmack zuviel redeten. Das Wetter bereitete ihm mehr sorgen. Noch vermochte er die Meisterschaft durchzuführen, aber wie lange noch. Firun arbeitet gegen ihn. Und die Schmerzen nahmen zu. Bernstein hatte ihn gewarnt. In der Nacht, als er ohne die anderen Oblarasim verlassen hatte, hatte er es nicht mehr ertragen können. Zum Phex stellten diese Menschen keine Fragen. Sie hatten sich nicht darum gekümmert, daß er allein weiter ritt. Sie stellten ihm überhaupt wenig Fragen und ließen ihn in Ruhe. Ganz anders als die meisten anderen. Er konnte seine Kräfte auf das Wesentliche konzentrieren. Gut. Diese Begleitung gefiel ihm.

Cordovan und Shanara gelang es von ein paar Nivesen vom Stamm der Hokke gegen einen Dolch und einen großen Topf ein Karen einzutauschen. Zwar verstanden sie weder die Sprache noch die Gepflogenheiten, bekamen aber letzten Endes das, was sie wollten - Proviant für die nächsten Tage.

Nysjunen entpuppte sich als Lager aus ein paar braunen Zelten aus Karenfell und vier verlassenen Steinhäusern. Die Norbaden waren bereits vor zwei Madas nach Riva gewandert. Die Nivesen vom Stamm der Hokke warteten auf eine Herde Karene und ihre Stammesbrüder, um sich wie jedes Jahr zu vereinen und in das Winterlager zu ziehen.

Lathis Jokela machte sich Sorgen. Die Sippe waren nicht gut von Grispelz, der Gemahlin Gorfangs bedacht. Die Karene waren zu spät und Firngrimm näherte sich mit schnellen, weiten Sätzen und ihrem erbarmungslosen, kalten Herzen. Ein schwerer Unfall vor ein paar Tagen hatte zwei Mitgliedern das Leben gekostet. Kervo von den Nathi hatte sich beide Beine gebrochen und würde bald Firngrim heulen hören. Die Wölfe des Alavisee waren unruhig und bekundeten ihren Unmut mit dem Heulen der Himmelswölfe. Eine Handel stand bevor. Aber ihre alte, weise Kaskju war in den Nebelzinnen ums Leben gekommen und weilt nun in der grünen Ebene. Ihre Schülerin Kaskju Karentju zählte erst 16 Sommer und es fehlte ihr an Erfahrung. Lathis Jokela von den Nathi machte sich große Sorgen. Ihre Karenherde zog nicht weiter, obwohl in wenige Tagen die Firunskälte einbrechen würde. Sie spürte es in ihren Knochen. Selbst die Hunde waren ängstlich.

Die Fremden wurden mit der Nivesen üblichen Gastfreundschaft und Friedfertigkeit aufgenommen. Als Cordovan sich anbot, die Beine Kervos zu heilen, schöpfte Jokela Hoffnung. Vielleicht konnte der große Heiler auch Karentju beim Handel helfen. Cordovan war irritiert, lehnte jedoch nicht ab.

Darkaad konnten die Nivesen nicht weiterhelfen. Ein sagenumwobener schwarzer Stein im Nordwesten, der von allen Nivesen gemieden wurde, da dort eine Frau ein Niejaa erschlagen hat und von Liska verflucht wurde, erregte zuerst die Aufmerksamkeit der Gruppe. Als jedoch Darkaad selbst mit Hilfe von Isidra, die ein paar Worte Norbadisch sprach, welches auch die Nivesen beherrschten, nachfragte, wurde ihm schnell klar, daß es nicht sein Ziel war. Die Lathis gab dem Druiden den Rat, die Elfen des Nordens zu befragen. Sie hätten viele Dinge und Geschichten, welche die Nivesen nicht verstehen. So wie diese Geschichte von einem Portal. Die Elfen müßten es wissen. Damit war Darkaad zufrieden und wollte weiter.

Am Abend kam ein weiterer Gast. Ein Lathi, Jeaju von Keales Sippe vom Stamm der Lieska-Lie und beschuldigte die Sippe der Nathi ein Karen aus ihrer Herde gestohlen zu haben. Wie bei den Nivesen üblich, zogen sich die Lathis in ein Zelt zurück und beredeten die Angelegenheit in aller Ruhe. Nach der einfachen Rechtsprechung mußte der, der etwas stahl, es zurück geben, wer etwas zerstörte, mußte es ersetzen und wer jemanden beleidigte, mußte sich entschuldigen. An diesem Abend kamen die Lathis zu keiner Lösung. Sie trennten sich und erklärten Krieg.

 6.Hesinde 7 n.Hal

In der Nacht wurde Cordovan von Kaskju Karentju geweckt. Gemeinsam wanderten sie durch die Nacht, durch Wälder bis zu einem bestimmten Punkt und warteten. Die Wölfe heulten. Sie riefen. Sie kamen nicht. Unverrichteter Dinge kehrte man ins Lager zurück.

Am Morgen begannen die Vorbereitungen des Krieges. Die Nivesen, mit Fäusten, Keulen und Wurfkeulen bewaffnet machten sich warm und warteten auf den Feind. Da die Sippe deutlich in der Unterzahl war, als die anrückenden Gegner, stimmten die Reisenden zu, den Stamm der Hokkes zu unterstützen. Sie wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß niemand ernsthaft verletzt, geschweige denn getötet werden durfte. Ein Leben war hier viel zu wertvoll, als das es wegen eines Zwistes geopfert werden durfte. Selbst Darkaad fand gefallen und schloß sich an.

Der Kampf war in den Augen der Abenteurer höchst interessant, wenn auch schmerzhaft. Eine große, wilde Rauferei in der einige befremdliche Taktiken eingesetzt wurden. Darian verblüffte mit einer unbekannten, höchst effektiven Nahkampftechnik, Isidra kämpfte gegen die Tücke der Hinterlistigkeit, Shanara und Cordovan rauften mit ihren Mitteln und Darkaad schlug mit sanfter Kraft auf alles, was ihm vor die Füße lief. Die Nivesen erwiesen sich als zähe, ausdauernde Kämpfer und standen den kräftigeren großen Menschen in nichts nach. Nachdem die letzten den Kampf beendet hatten, aus Erschöpfung, aus Bewußtlosigkeit oder unglücklichen Verwundungen beschlossen die Lathis, daß sich das Karen verlaufen haben muß. Die Hirten entschuldigten sich für ihre Unachtsamkeit, das Karen wurde aus der Herde geholt und dem Lathi Jeaju übergeben. Dieser flocht sofort Schnüre in seinen Farben in das kleine Geweih des Karens und zog ab. Die Hokke feierten ihren Sieg mit einfachem Essen, monotoner Musik und der Fröhlichkeit ihrer Kinder.

Die Nivesen erklärten den fragenden Fremden ihre einfach Art des Lebens mit den Karenen. Sie erfuhren, daß die bunten Schnüre und Perlen in den Geweihen und dem Fell der Karene ein Zeichen des Besitzers waren. Die Nivesen zogen den Karenen hinterher, denn den Wandertrieb der Tiere durfte man nie stören, sonst würden sie eingehen. So ging es im Frühling nach Norden und im Herbst nach Süden. Die Herde gehörte einer Sippe bzw. einem Stamm und wurde durch ausgewählte Hirten mit ihren Steppenhunden zusammengehalten. Da die Nivesen nie mehr Tiere besaßen, als sie zum Überleben brauchten, gab es in sehr großen Herden, Tiere die frei mitliefen, eine Herde verließen und sich einer anderen anschlossen. Die Jungen eines Karens gehörten dem Besitzer des Muttertieres. Der Reichtum eines Nivesen war die Zahl der Tiere, die ihm gehörte. Je größer eine Familie, desto mehr Tiere brauchte sie zum Leben, desto reicher war sie. Gebar eine Familie viele Kinder, konnte sie freie Tiere fangen und in die Herde bringen. In den kargen Ländern des Norden überlebten jedoch nur die Stärksten und viele Kinder wurden nie erwachsen. Die Karene lieferten fast alles, was die Nivesen brauchten : Felle, Wolle, Werkzeuge und Nahrung.

Kaskju Karentju schaffte es in dieser Nacht nicht, den körperlich erschöpften großen Heiler zu wecken und begab sich, zusammen mit zwei Familienmitgliedern auf die Suche nach den Wölfen.

 7.Hesinde 7 n.Hal

Cordovan, Shanara und Darian nahmen die Warnungen der Hokkes bezüglich des bevorstehenden Kälteinbruchs sehr ernst. Schließlich war es bereits Hesinde und selbst im Mittelreich war es zu dieser Zeit kälter und es gab Schnee. Man beschloß, nichts zu riskieren und sein Leben nicht leichtfertig gegen Firuns Zorn zu setzen. Die drei wollten den Nivesen folgen und bei ihnen im Winterlager nördlich von Gerasim die kalten Madas abwarten. Die Nivesen waren freundlich, gastlich und hatten sie für ihre Hilfe für diesen Firun in ihren Stamm als Gäste aufgenommen. Isidra hatte ein größeres Problem. Sie hatte zwar Freigang, jedoch nicht unbegrenzt und selbst wenn sie bei den anderen blieb, müßte sie spätestens Mitte des Madas Tsa nach Süden aufbrechen. Irgendwie hatte sie dabei kein gutes Gefühl. Aber weiter nach Norden machte keinen Sinn. Darkaad sah das ganz anders. So sehr er diese kleinen Menschen sympathisch fand, sein Ziel lag im Norden und das Wetter würde ihn in den nächsten Tagen nicht aufhalten. Nichts würde ihn aufhalten, so weit wie er kommen konnte, nach Norden zu reisen und einen Elfen zu finden.

 8.-12.Hesinde 7 n.Hal

So trennten sich die Wege von Darkaad und den Reisenden. Bereits in der Nacht zog der Druide weiter nach Norden. Am Morgen packten die Nivesen in windeseile ihr Lager zusammen und folgten den Karenen, die sich unvermittelt nach Süden aufgemacht hatten. Zwei Zelte blieben stehen. Das Zelt der Reisenden und das Zelt der Kaskju Karentju. Während Darian und Isidra ihr Zelt abbauten, suchten Cordovan und Shanara nach der verschwundenen Shamanin. Sie entdeckten in einem Wäldchen eine große Blutspur und viele Wolfsfährten. Offensichtlich war die junge Kaskju dem Handel mit den Wölfen nicht gewachsen gewesen und hatte es mit dem Leben bezahlt. Auf dem Rückweg zum alten Lager, scheuten die Pferde von Cordovan und Shanara. Die Jägerin sah für einen kurzen Augenblick einen besonders stattlichen weißgelben Wolf mit faszinierenden bernstein farbenen Augen. Der Wolf verschwand so schnell, wie er aufgetaucht war. Zurück im Lager eilte man den Nivesen hinterer und verbrachte die Zeit des Firuns im Winterlager der Hokkes einen Tagesmarsch von Gerasim entfernt.

Mit dem Verschwinden Darkaads brach der Winter über die Menschen herein. Die Temperatur sank binnen Stunden und bereits am Abend fiel der erste Schnee und verwandelte die Steppe in eine karge, weiße Landschaft.

 13.Hesinde - 4.Phex 7 n.Hal

Der Winter war hart. Firun zeigte seine ganze Kraft. Niemand der Reisenden bereute den Entschluß im Süden geblieben zu sein. Für die Nivesen war es ein besonders schwerer Winter. Die restlichen Sippen der Hokkes kamen spät und alle hatten Familienmitglieder auf ihrer Reise verloren. Unfälle, der spät einbrechende Winter und die Wölfe. Die Kinder des Himmels waren unzufrieden und keine der Kaskjus hatte einen Handel abschließen können. Es gab keinen Schutz, keine Vereinbarung. Viele der Karene wurden von hungrigen Wölfen gerissen. Die Verluste waren erheblich.

Der Aufenthalt im Winterlager war für Cordovan, Isidra, Darian und Shanara anstrengend, aber auch lehrreich. Sie erledigten ungewohnte Aufgaben wie die Behandlung von Fellen und Häuten, Nähen von Kleidung, das Färben der Wolle, Reperaturen der Schlitten und Zelte, Kochen und Jagen. Es war erstaunlich, was die Nivesen alles aus den Karenen gewannen. Von der Kleidung bis zum Werkzeug, alles von den Tieren wurde verwendet. Die Zeit verging.


Auf der Spur des Druiden

 5. - 24.Phex 7 n.Hal

Mit den ersten wärmenden Praiosstrahlen verging der Winter im Mada des Phex erstaunlich früh. Der Schnee schmolz und verwandelte die Steppe in eine Sumpflandschaft. Eine Norbadenkarawane bot die erste Gelegenheit erneut in den Norden zu ziehen. Niemand der Gruppe hatte eine direkte Verpflichtung gegenüber Darkaad, doch war die Neugierde über die seltsame Suche des Druiden und die Erkundung des unbekannten Landes Grund genug Darkaad zu folgen. Und als ob das Schicksal seine Finger im Spiel hatte, fanden sie auf ihrer Reise von Gerasim nach Farlorn immer wieder Spuren des weltfremden Druidens: Eine Gruppe von vier versteinerten Norbanden, die ihre Waffen ziehen wollten, ein großer gespaltener Fels unweit eines toten, vom Blitz erschlagenen Bären und in Farlorn hörten sie die Geschichte eines Mannes, der mit Feuer vom Himmel eine Überzahl gefährlicher Schneelaurer vertrieben hatte.

 24.-27.Phex 7 n.Hal

In Farlorn fanden die Reisenden Unterkunft bei Ugdalf Urrisk und seiner Frau Eila, einem weitbekannten Händler des Nordens. Man stattete sich mit allem Notwendigen für eine Weiterreise aus, organisierte einen Dachsschlitten und handelte ein Geschäft aus.

Die Norbaden, die sich hier für die Jagd sammelten und ihre Gebiete einteilten, ließ man lieber in Ruhe.

Ein Gespräch mit einem Nivesen, der in einer einzelnen, abseits stehenden Jute schlief, verlief wortkarg und wenig aufschlußreich.

In einer der Nächte folgten Darian und Isidra einem seltsamen Geräusch zur Jute und weiter bis zu den westlichen Hügeln des blauen Sees: Ein Trommeln, wie der Rhytmus des Herzens. Sie beobachteten ein Ritual des seltsamen Nivesen Karuukijo, einem Nieijaa und brachten sich unwissend in große Gefahr. Karuukiju stand an einem kleinen Feuer umringt von Wölfen und zelebrierte seine Verwandlung. Die Kraft, die er freisetzte, umschlung auch Darian und Isidra. Als einer der Wölfe sie bemerkte, war es zu spät. Karuukiju verwandelte sich vor ihren Augen in einen mächtigen Wolf mit bernsteinfarbenen Augen und die Meute stürzte sich auf die Menschen. Diese flohen ein paar Schritt, bis die Kraft des Rituals ihre Wirkung entfaltete und Darian sich in einen Silberfuchs, Isidra in einen Rotsperber verwandelte. Dank ihrer neuen Form entkamen sie den Wölfen, die sie ohne zu zögern zerissen hätten. Karuukiju haßte alle Menschen des Südens und in seiner Wolfsgestalt kannte er kein Erbarmen.

Während Darian und Isidra mit ihrer neuen Situation kämpften, brachte Larik Urrisk, der Sohn Ugdalfs, einen Toten auf seinem Dachsschlitten nach Hause. Schnell stellte sich heraus, daß es ein Schattenläufer des Schattenrates war, der Darkaad gefolgt war, bis ihn der Druide entdeckt und getötet hatte. Die große Wunde seines Speeres war Hinweis genug. In seinem Besitz fand sich eine magische Nadel der Schattenläufer und Shanara, die den Umgang mit diesem Artefakt beobachtet hatte, schickte eine Nachricht an den Rat. Kobald Surin wunderte sich eine lange Zeit, was die Meldung über einen geschwärzten Teppich im Zusammenhang mit einer toten Springmaus zu bedeuten hatte. Den Langdolch des Schattenläufers behielt Larik, die hübsche silberne Brosche, randvoll gefüllt mit tödlichem Gift, bekam seine Mutter, die Heiltränke blieben bei den Ugdalfs, nachdem Cordovan die Tränke identifiziert hatte. Dafür durfte er zwei Astraltränke und zwei Antidots behalten.

Als die beiden Gefährten am späten Morgen immer noch fehlten, machten sich Cordovan und Shanara mit einem Dachsschlitten auf die Suche. Nach einigem hin und her fanden sie Fuchs und Sperber. Merkwürdiger Weise konnten die Tiere sprechen, wenn auch mit einem stark tierischem Akzent. Vor allem der Fuchs fürchtete sich weise vor den Dachsen und es dauerte eine Zeit, ihn "einzufangen". Cordovan versuchte, die Verwandlung zu beenden, nachdem die Tiere ihm von ihrem Erlebnis erzählt hatten. Er scheiterte.

Für eine goldene Doublone bekamen Shanara und Cordovan Unterricht im Dachsschlittenfahren. Nach einem Tag war Cordovan in der Lage, die wilden, aggressiven Tiere einigermaßen zu führen. Die Pferde wurden zurückgelasssen. Man brach auf Richtung Frisov über den ewig gefrorenen blauen See. Fuchs und Sperber auf dem Schlitten. Besonder der Vogel litt unter den immer kälter werdenden Regionen. Auf der Reise gelang es Cordovan endlich Darian seine menschliche Gestalt zurückzugeben.

 28.Phex - 8.Peraine 7 n.Hal

In Frisov fanden die Reisenden Spuren von Darkaad. Malmodir Hardering, ein alter Walfänger hatte den Druiden zu den Nebelzinnen geschickt. Dort würde er Firnelfen treffen. Der große Mann war erst vor wenigen Tagen durchgereist. Nach kurzem Aufenthalt und der Erledigung eines Geschäftes für Ugdalf, ging es weiter. Eine markante Felsformation der Nebelzinnen diente als Orientierungshilfe.


Firuns Reich

 9. - 14.Peraine 7 n.Hal

Drei Tage später hatten sie Darkaad eingeholt. Dieser wunderte sich nicht einmal über das unverhoffte Wiedersehen und auch die neue Gestalt Isidras brachte ihn nicht aus der Ruhe. Darkaad hatte hunderte von Jahren allein in einem Tal des Finsterkammes verbracht und nur die Hilfe eines Drachen hatte ihn vor dem Wahnsinn der Einsamkeit und dem Schmerz des Fluches bewahrt. Ein verzauberter Mensch war nichts im Vergleich zu den Kräften, die er erlebt hatte. Dennoch konnte oder wollte er Isidra nicht helfen.

Die gemeinsame Reise war kurz. Es war das ewige Reich Firuns und keiner der Reisenden hatte der Kälte, dem Schnee und der zerstörerischen Kraft der Region viel entgegenzusetzen. Bald waren Feuerholz und Nahrung zur Hälfte aufgebraucht. Die Nebelzinnen hatten sie noch nicht einmal richtig erreicht. Darkaad drängte weiter. Die ersten Gipfel versprachen einen guten Ausblick. Die Reisenden waren anderer Meinung. Niemand wollte sein Leben auf einer aussichtlosen Wanderung aufs Spiel setzen. Noch hatten sie eine Chance umzukehren. Einstimmig drehte man um und trieb die Dachse Richtung Osten.

Ein hinterhältiger Überfall eines Rudels Schneelaurer machte ihre Pläne zunichte. Verbissen wehrte sich die Gruppe gegen diese höchst gefährlichen Räuber des ewigen Eises. Die Dachse hatten in ihrem Schlittengeschirr keine Chance. Die Menschen kämpften um ihr eigenes Leben. Immer mehr Schneelaurer tauchten auf. Der Sperber sah aus der Luft eine Unzahl an Tieren sich ihrer gefundene Beute nähern.

Unvermittelt rochen die Schneelaurer Feinde. Zu spät. Abgelenkt durch den sicheren Fang und das frische Blut vor ihnen, übersahen sie die tödliche Gefahr. Ein Tier nach dem anderen wurde von Pfeilen aus Kristall niedergestreckt.

Die Menschen besiegten ein paar Tiere. Andere Schneelaurer um sie herum starben plötzlich auf unerklärliche Weise. Cordovan entdeckte die ungewöhnlichen Pfeile als erster. Von den Schützen erblickten sie keinen.

Die Situation war hoffnungslos. Die Dachse waren tot. Frisov würden sie zu Fuß nicht mehr rechtzeitig erreichen. Darkaad war in der anderen Richtung verschwunden und wahrscheinlich uneinholbar. Man baute die Nivesenjute auf und beriet im Schutz des Zeltes. Bald wurde klar, das man wenigsten den Rückweg nach Frisov versuchen mußte.

Beim Vorbereiten des Schlittens stand auf einmal ein Firnelf vor ihnen. Er hielt Darians Obsidianamulett in den Händen und deutet an, ob er es behalten könnte. Für die Firnelfen war der schwarze Stein eines der wertvollsten Materialien des Reiches Firuns. Überrascht, wie freundlich und freizügig diese Menschen sich von diesem Schatz trennten, brach er mit seiner Tradition und half den Menschen. Sie waren armselig ausgerüstet gegen Firuns Zorn und würden binnen Tagen ohne Hilfe sterben. Er deutete auf den Haufen Schnee, unter dem die Dachse und Schneelaurer begraben worden waren, um andere Raubtiere nicht anzulocken. Die Reisenden mißverstanden ihn und schenkten ihm die Felle und das Fleisch der Dachse. Auch wenn es für den Elfen wenig wert war, nahm er es an und führte die Menschen zu einer Kristallgrotte der Beobachtung.

Cordovan, Darian, Shanara und ihr Hund, sowie die immer noch verwandelte Isidra, waren gerettet. In der Kristallgrotte herrschten erträgliche Temperaturen, auch wenn es kalt war. Ein Trank wärmte ihre Lebensgeister und sie überstanden die Nacht. Ein Gespräch mit der Führerin war vielversprechend. Darkaad wurde geholt und zu den anderen Gebracht.

Aliantalial Morgenröte und Oiodin Schattentanz fanden die Menschen merkwürdig. Die wenigsten Menschen waren so verrückt in die Nebelzinnen zu kommen. Die wenigen, die auf der Suche nach dem weißen Fell waren, kamen ums Leben. Diese hier hatten keine Waffen zum Jagen und suchten ein Portal. Und sie waren klug genug gewesen, rechtzeitig umzukehren, wenn auch die Schneelaurer zu ihrem Verhängnis geworden wären. Sie waren nicht von der Habgier der anderen besessen. Außer dem Magier, den der Größenwahn nach dem Portal suchen ließ. Aliantalial kannte kein Portal, war aber bereit, für die kostbare Gabe des Obsidians, sie zum Kristallpalast von Elodirin Gletscherglanzes zu bringen. Besonders, da diese Menschen zu diesem Mann gehörten, der unerklärbarer Weise Firun trotzte, als ob Grimmfrost ihm bestenfalls eine Gänsehaut anhaben könnte. Die Elfen waren erschreckt und fasziniert zugleich, die ganze Zeit, die sie die Menschen beobachtet hatten.

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Mit zwei Eisseglern wurden die Reisenden und Darkaad zum Kristallpalast mitten im Firunsfinger gebracht. Die Eissegler waren Wunderwerke aus Kristall und schnell wie der eisige Wind. Der Kristallpalast war das größte Wunder, das die Menschen je erblickt hatten. Mehrere Kegel aus blauem Eis standen auf einem Plateau mitten in einer bizarren, lebensfeindlichen Landschaft. Geformt mit der Magie der Firnelfen, gewachsen aus Firuns Eis, verziert mit den wundervollsten Zeichen und Bildern der Elfen. Hundert von Schritt hoch ragten sie aus den Gletschern heraus und doch hatte bisher kein menschliches Auge sie erblickt, da jedes Leben vorher von Firun vernichtet worden war. Der Aufenthalt war kurz. Viel zu kurz für die Gruppe. Sie übernachteten im Fuß eines Turmes ohne die ganze Pracht und Wunderwelt des Palastes zu sehen.

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Die Elfen waren informiert. Elodirin Gletscherglanz wußte, was die Menschen suchten. Darkaad gab ihm seinen Streitkolben aus Obsidian und dafür hätter er sie bis an das Ende der Welt gebracht. Auch wenn es eigentlich genau der Ort war, zu dem er sie bringen mußte.

Bereits am Morgen des zweiten Tages ging es mit den Eisseglern weiter nach Norden bis in die Spitze des Firunsfingers. Polarlicht begleitete die Reisenden in den unzähligen Stunden der Dunkelheit. Die Praiosscheibe zeigte sich nur wenige Augenblicke und ihre Wärme drang nicht bis nach Dere. Die Landschaft war tödlich. Grimmfrost beherrschte das Land. Das Atmen war schmerzhaft. Metall und Eis klebte an der Haut und riß häßliche Wunden. Glieder wurden gefühllos und blau, trotz der dicken Felle. Unendlich tiefe Spalten im Eis wechselten sich mit scharfkantigen, in den Himmel strebenden Eisblöcken ab. Alles war Eis. Die Augen wurden blind. Die Sinne stumpften ab. Schneetreiben verhinderte die Sicht.

Darkaad konnte mit seiner Wettermeisterschaft nichts mehr erreichen. Es gab kein Wetter, das er ändern oder in eine andere Richtung lenken konnte. Die Kälte und das Eis waren ewig. Ohne die Elfen hätte selbst er das Portal nie erreicht. Die Eissegler glitten fast geräuschlos dahin.

Plötzlich bebte die Erde. Spalten brachen auf, Schneelawinen donnerten hinter den Reisenden von den Gipfeln, Eisblöcke flogen durch die Luft. Die Segler schlingerten. Einer der Elfen wurde von einem Eisblock am Kopf getroffen und der Segler raste gegen eine Eiswand und zerschellte. Shanara und Darian flogen aus dem Gefährt. Der andere Firnelf reagierte blitzschnell, wich aus. Eine Spalte riß auf und der Gleiter kippte. Isidra konnte sich fliegender Weise retten, auch wenn ihre Flügel gefroren und sie nach wenigen Sekunden in den Schnee stürzte. Cordovan konnte sich in letzter Sekunde in einem Eisriß halten, nach oben klettern und bevor der Segler in die Spalte stürzte sicheren Boden erreichen. Der Elf und Darkaad wurden von der Spalte verschlungen.

Mit Prellungen, Brüchen und schmerzhaften Schürfwunden überlebten alle Menschen das Beben. Ein Elf war halbtot. Darkaad tauchte Minuten später aus dichtem Schneetreiben auf. Er hatten den zweiten toten Elfen geschultert. Der Segler lag in tausend Stücke zersprungen im Schnee, das Segel zerfetzt, die Ausrüstung verstreut. Schnell formte Darkaad einen provisorischen Iglu aus Eis, bevor die Kälte die ersten Opfer forderte. Lange würde es keiner aushalten. Cordovan konnte zwar den kritischen Zustand des Elfen stabilisieren, bei diesen Temperaturen würde er trotzdem bald sterben. Auch Shanara ging es schlecht. Beim Sturz hatte sie sich die Rippen gebrochen und das Atmen war so schmerzhaft, daß sie kaum sprechen konnte. Isidra war in ihrem dünnen Vogelkleid fast erfroren. Cordovan sammelte seine ganze Kraft und es gelang ihm in sprichwörtlich letzter Sekunde Isidras Verwandlung zu beenden. Darian sprach schon lange kein Wort mehr. Die Kälte zerrte an seinen letzten Kräften und diesmal war die Lage mehr als hoffnungslos. Die meisten schlossen mit ihrem Leben.

Darkaad hielt es nicht lange im Iglu aus. Er spürte eine Kraftquelle ganz in der Nähe. War es das Portal ? War er endlich am Ziel ? Er trat nach draußen und verschwand.

Nach einer halben Ewigkeit kehrte er zurück. Er hatte etwas entdeckt und forderte die anderen auf zu folgen. Cordovan stützte Shanara, Isidra und Darian halfen dem Elfen. Es machte keinen Sinn im Iglu zu warten, bis sie erfroren waren.

Darkaad führte sie zu einer 30 Schritt breiten, endlos tiefen und langen Schlucht aus Eis. Mehrere Schichten Fell vermochten nicht vor dem Grimmfrost zu schützen. Jede Minute kostete die Menschen Lebenskraft. Über der Schlucht schwebten zwei zwanzig Schritt große Kegel aus Eis. Blitze zuckten sporadisch in die Tiefe der Eisspalte. Darkaad war am Ziel. Er spürte die ungeheure Kraft des Portales. Die Elemente waren verzerrt. Eine Kluft in Zeit und Raum. Unzählige astrale Linien kreuzten sich. Jetzt galt es, die Kluft für einige Sekunden zu öffnen. Einen Durchgang zu schaffen. Das Portal zu öffnen. Dazu bedurfte es Macht. Unheimlicher Macht. Der Schattendruide war mächtig. Für das Portal erschien seine Kraft wie die eines Funken im Feuersturm der Elemente.

Darkaad sah die Menschen. Sie starben. Er selbst litt unter der Kälte. Er würde sie überstehen, ein paar Tage. Die Menschen dort nicht. Nicht einmal einen Tag. Er mußte es versuchen. Er müßte die Quelle der Kraft anzapfen und einen Unterschlupf schaffen bis Bernstein kam. Sie war unterwegs. Er hatte sie sofort nach dem ersten Blick auf das Portal gerufen. Diese Menschen waren es wert, gerettet zu werden. Warum? Ein Gefühl, eine menschliche Regung? Eine Laune Darkaads!

Darkaad sammelte die natürliche Energie des Wetters. Wolken ballten sich über dem Portal zusammen. Grelle Blitze zuckten über den Himmel. Dichter Schnee fiel. Es wurde dunkler.

Cordovan tat das, um was ihn der Druide gebeten hatte. Er konzentrierte sich auf eine Flammenlanze und rezitierte den Spruch. Mühsam kamen die Worte über seine aufgesprungenen Lippen. Träge und schmerzend sank sein Arm nach vorne, zeigten seine Finger in den dicken Handschuhen auf das imaginäre Ziel mitten zwischen den Säulen.

Die anderen Taten das, was sie konnte. Sie versuchten die nächsten Minuten der Kälte zu überleben.

Skeptisch murmelte Cordovan das letzte Wort des magischen Spruches. Stechende Kälte drang in seinen Hals. Er hustete. Im selben Augenblick hatte er das Gefühl es würde ihn zerreißen. Nichts stimmte an dem Spruch. Die Welt um ihn herrum explodierte. Rote Flammen loderten aus seiner Hand, eine Flammenwand brach aus der Eisspalte nach oben. Shanara hechtete in eine kleine Rinne bevor die Flammen sie verzehren konnten. Cordovan verlor die Besinnung. Blitze zuckten vom Himmel und schlugen in Darkaads Speer. Der Druide wurde von der Schlucht weggeschleudert. Darian sah ein wirbelndes, gleißendes Licht in der Mitte der beiden Eissäulen und wendete seinen Blick ab, bevor es seine Augen verbrannte. Das Eis bebte, neue Sprünge, eine Eisplatte stürzte, eine andere versank im Schnee. Ein Sog setzte ein. Eistück und Ausrüstung wurden in die Schlucht gerissen. Der Elfe rutschte hilflos in die Spalte und stürzte in die Dunkelheit. Isidras Hand griff ins Leere. Cordovan wurde vom Sog erfaßt. Er sauste auf dem glatten Eis bewußtlos auf die scharfe Bruchkannte zu. Darian hechte hinterher, einen Dolch in der Hand um sich im Eis festzuhacken. Er packte den Magier am Kragen, rammte den Dolch mit aller Kraft in das Eis. Es hielt. Isidra taumelte, der Sog wuchs. Sie konnte nicht in das grelle Licht blicken. Schritt für Schritt kämpfte sie gegen die Kraft, Schritt für Schritt weg von der Schlucht. Ein großer Eisblock flog auf sie zu, traf sie und riß sie mit sich. Es blitze auf. Darians Arm schmerzte. Etwas zog an ihm und dem Magier und wurde von Sekunde zu Sekunde stärker. Er zuckte bei dem Geräusch zusammen. Die Klinge brach. Es blitzte auf.

Darkaad erwachte. Es war dunkel. Seine rotierenden Gedanken sammelten sich. Was hatte der Magier getan ? Hatte er wahrhaftig das Protal geöffnet. Darkaad untersuchte den Rand der Schlucht. Ein paar verkeilte Ausrüstungsgegenstände waren alles, was übrig geblieben war. Er blickte in die Schlucht hinunter. Er warf eine leuchtende blaue Kugel hinab. Nichts. Die Schlucht war zu tief. Das Licht verlor sich schnell. Ein Stöhnen im Schnee. Darkaad buddelte Shanara aus der mit Schnee gefüllten Rinne, die sie vor dem Sog gerettet hatte. Sie beschrieb ihm das Licht, die Schreie der Gefährten und die folgende, entsetzliche Stille. Shanara war am Rande des Erfrierens. Die Worte raubten ihre letzte Kraft und sie glitt in den dankbaren, schmerzlosen Schlaf.

 20. - 26.Peraine 7 n.Hal

Darkaad hatte genügend Kraft bekommen, um sich und Shanara die nächsten vier Tage am Leben zu halten. Bernstein traf fluchend und halb erfroren ein. Ihre Flügel waren mit Eis überzogen, Eiszapfen hingen von ihrem Körper und ihre Augen waren gereitzt und stachen. Die junge Frau war genau das richtige, um ihren Hunger zu stillen, jedoch war Darkaad dagegen. So brachte Bernstein die beiden in wärmere Regionen.

 27. - 29.Peraine 7 n.Hal

Darkaad und Berstein standen erneut vor dem Portal. Darkaad blickte in die großen, bronzenen Augen seiner Gefährtin. Sie erwiederte den Blick. Darkaad hatte Angst! In seiner Welt würde er Kraft verlieren. Vielleicht würde er nicht einmal die Reise überstehen. Das bedeutete ihm nichts. Er hatte Angst vor dem Fluch. Würden die schrecklichen Worte der sterbenden Gattin seines Lords in nun endgültig erreichen. Ihn zu einer leblosen, untoten wandelnden Kreatur machen, die nur das Bedürfnis kannte, Leben zu vernichten und dabei jede Sekunde ihres Lebens, in der sie dies nicht konnte, qualvoll in der eigenen geistigen Leere endlos zu sterben ? Bernstein versprach, bevor dies mit ihm geschehen würde, ihn zu vernichten. Sie konnte es. Ihrem Feuer widerstand nicht einmal ein Schatten. Bernstein öffnete das Portal. Es blitzte auf.





Inhalt Praios/Rohal Beilunker Reiter 28.10.2001